Dandasana

Alle abgebildeten Abschluss- und Hausarbeiten im Spiritainment sind, wie auch diese, im Rahmen von Inner Flow Yoga Ausbildungen entstanden. Sie sind weiter geistiges Eigentum der Autor*innen und werden mit deren freundlicher Genehmigung hier veröffentlicht.
Inhalt

„Sitzen ist das neue Rauchen.” Das sagt der US-amerikanische Endokrinologe und Ernährungswissenschaftler James Levine – zumindest über unser andauerndes, häufig gekrümmtes Sitzen vor dem Bildschirm, am Küchentisch, in der Schule oder im Büro (Füßler, https://www.badische-zeitung.de/us-forscher-sitzen-ist-das-neue-rauchen–148791612.html). Die Sitzhaltung, mit der sich dieser Text befasst, bewirkt allerdings so ziemlich das Gegenteil zu der Art und Weise, wie die meisten von uns Menschen im Alltag sitzen. Sie nennt sich Dandasana – Die Stockhaltung.

Für mich als bekennenden „Cowboy“-Körpertypen handelt es sich hierbei um eine Asana, die echt am Ego kratzen kann. Und genau deshalb nehme ich mich ihr hier dieser Asana an. „Ein bisschen aufrecht sitzen“ – das kann ja eigentlich nicht so schwer sein, hätte ich zumindest die längste Zeit meines Lebens behauptet. Aber wann überprüft man das schon? Die meisten Menschen, so auch ich, sitzen ja doch eher konventionell auf Stühlen, mit angewinkelten Beinen.

Noch heute muss ich in Yoga-Stunden immer wieder die Gedanken meines Egos loslassen: „Du kannst ja kaum gerade sitzen! Wie sieht das erst aus, wenn gleich noch die sitzenden Vorwärtsbeugen kommen?“ Und so weiter und so fort. Solche Gedanken kennen wohl die meisten – auch Autor und Yogalehrer Matthew Sanford, der über Dandasana sagte: „This is the pose that makes you feel you suck at yoga.” (übersetzt: Das ist die Pose, bei der du das Gefühl hast, dass du schlecht im Yoga bist) (Erdmann-Luntz, https://lauraerdmanluntz.com/dandasana-staff-pose-a-fabulous-quote).

Mit der folgenden Ausarbeitung möchte ich der Übung ein Friedensangebot unterbreiten und gegenseitige Akzeptanz etablieren. Also, let’s go.

Einordnung

Der Name „Dandasana“ leitet sich vom Sanskritbegriff „Danda“ ab, welcher Stock oder auch Rute bedeutet und aus diesem Grund im Deutschen zu „Stockhaltung“ übersetzt wird. Hergeleitet wird der Name von der Haltung selbst – denn in Dandasana wird die Wirbelsäule im Sitz so aufrecht gehalten, als sei der Oberkörper selbst ein Stock (vgl. Trökes, S. 144). Damit lässt sich die Übung in die Asanagruppe der Streckungen einordnen. Für viele Praktizierende ist Dandasana aber nicht nur Streckung, sondern ebenso Vorbeuge.

In ihrer vermeintlichen Einfachheit stellt die Asana eine der Grundpositionen für eine Vielzahl von weiteren Übungen dar – doch unterschätzt werden sollte sie deshalb nicht. Trotz ihres unspektakulären Erscheinens bekommt man durch diese Haltung nämlich einen echten Rundumschlag für den gesamten Körper. Welche Wirkung sie hat wird im Folgenden erläutert.

Wirkung

Die Effekte von Dandasana können auf körperlicher und energetischer Ebene unterschieden werden.

Die Sitzhaltung dehnt sowohl die Rückenmuskulatur als auch die Beinrückseiten und die Lenden- und Gesäßmuskeln. Sie kann Ischiasbeschwerden lindern und die Oberschenkelmuskeln (Quatrizeps) sowie die Rückenmuskulatur stärken. Durch das Üben der Stockhaltung wird außerdem die Rumpfmuskulatur trainiert und der Verdauungsapparat aktiviert (vgl. ebd.) Durch regelmäßiges Üben steigert sich außerdem das eigene Körperbewusstsein und die gesamte Körperhaltung kann sich auch im Alltag verbessern (https://tintyoga.com/de/magazine/dandasana-langsitz/).

Auf geistiger Ebene führt die Asana zu einer Fokussierung und einem zur Ruhe kommen der Gedanken. Sie zentriert und fördert die Präsenz. Der gesamte Organismus wird geerdet. Eine passende Affirmation für die Übung könnte sein: „Ich bin präsent und aufrecht im Hier und Jetzt“ (Badwal).

Kontraindikationen

Die Asana sollte nicht geübt werden, wenn die praktizierende Person Ischiasbeschwerden hat oder allgemein Schmerzen im unteren Rücken spürt. Auch bei Handgelenksschmerzen ist von der Übung abzuraten.

Ausführung der Haltung

Zur Vorbereitung

Auf dem Boden sitzend werden die Beine nicht komplett nach vorne durchgestreckt, sondern angewinkelt.
Die Beine bleiben parallel zueinander und indem die Oberschenkel mit den Händen umfasst werden, kann sich der Oberkörper aufrichten (die Arme ziehen den Oberkörper nach vorne). Die Hände können dann gelöst werden – jetzt muss der Rumpf sich selbst in der Aufrichtung halten. Sollte die Übung zu intensiv werden, hilft es, in die Ausgleichshaltung zu gehen, bei der man im Sitz mit angezogenen Beinen seine Stirn zu den Knien sinken lässt und eine vollkommen entspannte Position findet, in der man kraftvoll in den Rücken atmen kann (vgl. Trökes, S.144). Wenn diese Vorbereitung gut funktioniert, kann weitergegangen werden.

Ausführung von Dandasana

Dafür setzt sich die*der Praktizierende mit lang nach vorne ausgestreckten Beinen auf die Matte oder auf eine untergelegte Decke.

Besonders für Praktizierende des Körpertyps „Cowboy“, denen die Aufrichtung des Beckens schwerfällt, kann eine Decke Abhilfe schaffen, da sie weniger schnell nach hinten kippen. Auch das Üben mit einer Wand im Rücken kann für den Anfang helfen – dabei sollten nur Kreuzbein und Schulterblätter die Wand berühren – nicht der untere Rücken (https://tintyoga.com/de/magazine/dandasana-langsitz/). Bei Menschen des Körpertyps „Prinzessin“ könnte eine Decke jedoch dazu führen, dass die Person auf den Sitzbeinhöckern zu weit nach vorne kippt und die Krümmung in der Lendenwirbelsäule zu stark wird. In dem Fall sollten die Muskeln im Rücken aktiv angespannt bleiben, um ein nach vorne Fallen zu vermeiden.

Sollten die Beine nicht komplett durchgestreckt werden können, ist das in Ordnung: Sie dürfen leicht gebeugt bleiben. Die Zehen zeigen nach oben und die Füße liegen aneinander und werden geflext, das heißt die Zehen ziehen zum Körper.

Die Gesäßhälften werden nun mit den Händen nach hinten gezogen, sodass die praktizierende Person gut aufsitzt und die Sitzbeinhöcker geerdet sind (https://www.yogaeasy.de/artikel/stocksitz-dandasana).

Die Wirbelsäule wird aufgerichtet und der Kopf als ihre Verlängerung gedacht. Das Becken ist senkrecht aufgerichtet – es kann unterstützt werden, indem die Oberschenkel nach innen rotiert werden und die Oberschenkelknochen leicht zurück in die Hüftpfannen gezogen werden (vgl. Badwal). Das schafft außerdem Weite im Kreuzbein (vgl. Stephens). Der Rumpf symbolisiert in dieser Asana einen festen, stabilen Stock.

Die Handflächen werden in Dandasana rechts und links neben der Hüfte auf dem Boden (sofern mit den Handflächen der Boden erreicht wird – ansonsten helfen Blöcke oder bspw. Türkeile) positioniert. Die Fingerspitzen zeigen nach vorne, die Arme sind, wenn möglich, durchgestreckt.

Durch den Druck der Hände in den Boden kann sich das Brustbein heben. Die Schultern können dann nach hinten, unten und außen sinken (vgl. Trökes, S. 145).

Der Blick kann in dieser Asana entweder geradeaus gerichtet werden oder je nachdem, ob die übende Person sich dem solaren oder lunaren Atemtypen zuordnen lässt, leicht nach unten, vor sich (solar) oder leicht nach oben (lunar) (vgl. ebd.).

Mögliche Variationen

Erst wenn diese Pose mühelos gehalten werden kann, sollte die Asana variiert werden. Eine Möglichkeit dafür ist die Stockhaltung mit erhobenen Armen (vgl. ebd.). Dafür werden die Arme beim Einatmen über vorne nach oben gestreckt. Die Arme sollten so gerade nach oben gestreckt sein wie möglich, während das Brustbein nach vornegewölbt bzw. gelehnt wird.

Mit jedem Einatmen sollte die praktizierende Person sich weiter aufrichten, und mit jeder Ausatmung stärker in die Entspannung kommen. Nach ein paar Atemzügen kann in die Ausgleichshaltung (s. o.) gewechselt werden, um der Übung nachzuspüren.

Bandhas & Atmung

In Dandasana können Mula Bandha, Uddiyãna Bandha und Jalandhara Bandha gleicheitig gesetzt werden (=Mahã Bandha). Des Weiteren hilft es in Ujjayi zu atmen. Das Ventil, welches durch Ujjayi entsteht, sowie die Bandhas, schaffen eine Art Gegendruck in Brust- und Bauchhöhle, der die Wirbelsäule bei ausgedehnten und langsamen Beuge- und Streckbewegungen schützt (vgl. Kaminoff & Matthews).

Bei gestreckten Beinen und gut geerdeten Sitzbeinhöckern lässt sich in die lang aufgerichtete Wirbelsäule atmen (vgl ebd.) und außerdem ein Energiefluss durch die Wirbelsäule nach oben und von den Oberschenkelknochen über die Beine und Fußgelenke bis zur Fersenmitte herstellen (vgl. Stephens).

Dandasana in die Praxis einbauen

Dandasana eignet sich ausgezeichnet als Einleitung für Sitzhaltungen. Sie kann beispielsweise vor der sitzenden Vorbeuge praktiziert werden – als Vorbereitung. Schüler*innen mit Bandscheibenproblemen, die Vorbeugen mit großer Achtsamkeit und Geduld angehen müssen, können in der Stockhaltung oder einer ihrer Variationen verharren. So können die Praktizierenden sich vorerst darauf konzentrieren, die hintere Oberschenkelmuskulatur und die Hüften zu dehnen, ohne den Rücken allzu stark zu belasten (vgl ebd.).

Auch vor Übungen wie dem Drehsitz/halben Drehsitz (Ardha Matsyendrasana) oder als Basis für das Boot (Navasana) oder die Tischhaltung (Purvottanasana) bietet sich Dandasana an. Generell kann die Pose immer wieder eingenommen werden, sollte das Gefühl aufkommen, dass der Körper neu ausgerichtet und geerdet werden muss.

Quellen & Literatur

Badwal, Wanda (2019). „Yoga, Die 108 wichtigsten Übungen und ihre ganzheitliche Wirkung“, Knaur Verlag.

Kaminoff, Leslie & Matthews, Amy (2013). „Yoga Anatomie – Ihr Begleiter durch die Asanas, Bewegungen und Atemtechniken“, riva.

Stephens, Marc (2015). „Yoga unterrichten – Grundlagen und Techniken“, riva.

Trökes, Anna (2020). „Das große Buch vom Yoga“, Gräfe und Unzer Verlag.

https://www.badische-zeitung.de/us-forscher-sitzen-ist-das-neue-rauchen–148791612.html

https://lauraerdmanluntz.com/dandasana-staff-pose-a-fabulous-quote/

https://tintyoga.com/de/magazine/dandasana-langsitz/

https://www.yogaeasy.de/artikel/stocksitz-dandasana

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