Yoga nach der Geburt – Beckenboden • Bauchmuskeln • Balance

Alle abgebildeten Abschluss- und Hausarbeiten im Spiritainment sind im Rahmen von Inner Flow Yoga-Ausbildungen entstanden. Sie sind weiter geistiges Eigentum der Autor*innen und werden mit deren freundlicher Genehmigung hier veröffentlicht.
Inhalt

Die Zeit nach der Geburt stellt für Frauen eine Zeit der Veränderung dar. Für die viele ist es eine wunderschöne Veränderung, doch für einige ist dies auch eine herausfordernde Zeit. In diesem Essay wird die Rolle von Yoga nach der Geburt untersucht. Fokussiert auf die körperliche Genesung, das emotionale Gleichgewicht sowie die Anpassung an die Mutterrolle, werden die positiven Auswirkungen von Yoga im Generellen, aber besonders in dieser Lebensphase aufgezeigt. Zusätzlich werden konkrete Einblicke in die Möglichkeiten gegeben, wie Yoga die physische und mentale Gesundheit von Frauen nach der Geburt unterstützen kann.

„Das Leben ist wie Fahrrad fahren, um die Balance zu halten, musst du in Bewegung bleiben.“

Albert Einstein

Yoga nach der Geburt – Einleitung

Das Thema „Yoga nach der Geburt“ liegt mir sehr am Herzen, da ich selbst zwei Kinder zur Welt gebracht habe und mir Yoga ganz viel Kraft und Halt in dieser Zeit gegeben hat – auf körperlicher Ebene, aber vor allem mental. Schon während der Schwangerschaft halte ich die routinierte Praxis für sehr empfehlenswert, da sie Stärkung und Ausgleich bringt und mit speziellen Übungen sogar auf die Geburt vorbereiten kann. Doch fast noch wichtiger war mir persönlich die Yogapraxis nach der Geburt. Denn diese Zeit markiert einen bedeutsamen Wendepunkt im Leben einer Frau. Neben der großen Freude und Liebe zum neugeborenen Kind, stehen viele Frauen auch vor der Herausforderung, sich physisch und psychisch an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

In diesem Essay wird die zentrale These vertreten, dass Yoga nach der Geburt nicht nur eine Möglichkeit zur körperlichen Regeneration darstellt, sondern auch eine wertvolle Methode zur Förderung des seelischen Wohlbefindens und zur Bewältigung der Herausforderungen des Mutterseins ist.

Yoga, eine jahrhundertealte ganzheitliche Tradition, bietet nicht nur körperliche Übungen, sondern auch Atemtechniken, Meditation und Entspannungstechniken – alles, um Körper und Geist in Einklang zu bringen. Sie kann dazu beitragen, die körperliche Gesundheit zu fördern, emotionale Stabilität wiederzuerlangen und den Übergang in die Mutterrolle zu erleichtern. Nicht nur die Mutter selbst profitiert davon, sondern auch das Kind sowie im besten Fall die ganze Familie. So gewinnt die Praxis des Yoga nach der Geburt zunehmend an Bedeutung in unserer westlichen Gesellschaft und wird heutzutage von Krankenkassen, Ärzt:innen und Hebammen empfohlen.

Doch was genau ist so besonders an Yoga nach der Schwangerschaft und inwiefern kann Yoga als ganzheitliche Praxis Frauen dabei helfen, sich nach der Geburt körperlich zu regenerieren, emotionale Stabilität wiederzuerlangen und die Anpassung an die Mutterrolle zu erleichtern?

Die Zeit nach der Geburt ist von diversen Veränderungen geprägt – hormonell, körperlich, emotional und sozial. Die physischen Anstrengungen der Geburt selbst, verbunden mit den Schlafentbehrungen und den Anforderungen der neuen Rolle als Mutter, können eine erhebliche Belastung darstellen. Hier setzt die Praxis des Yoga an, indem sie nicht nur auf die körperliche Ebene abzielt, sondern auch auf die psychische und emotionale Gesundheit. Im Verlauf dieses Essays wird untersucht, wie Yoga in dieser sensiblen Phase unterstützen kann, indem es nicht nur die körperliche Regeneration nach der Geburt fördert, sondern auch Instrumente zur Bewältigung von Stress, Angst und Unsicherheiten bietet.

Yoga und die Frau

Yoga gilt als eine Jahrtausende alte Tradition. Es gibt Darstellungen von Yogastellungen aus der Zeit der Indus-Kultur von vor 5000 Jahren. Und schon in den Veden, den ältesten indischen Schriften, findet man die Grundkonzepte von Hatha Yoga und Ayurveda, das indische Gesundheitssystem. (Bretz, www.yogavidya.de)

Frauen waren meist ausgeschlossen von der Yogapraxis, auch wenn Yoga-Meisterinnen schon vor 2.500 Jahren namentlich erwähnt wurden, wie die Forscherin Agi Wittich recherchierte. (Schwermer, www.taz.de)  

Bis ins 20. Jahrhundert war es Frauen in Indien weitestgehend verboten Yoga auszuüben, Hatha Yoga Praxis, wie wir sie in unserer westlichen Welt heute kennen, wurde von Männern für Männer gemacht, sie gilt als eine sehr kraftvolle Praxis. Doch zwei Pionierinnen machten Yoga im Laufe des 20. Jahrhunderts für Frauen zugänglich. Indra Devi war die erste westliche weibliche Yogaschülerin von Krishnamacharya in Indien, die Yoga vor allem unter amerikanischen Frauen verbreitete. (Dallinger, www.orf.at) Sie gilt heute als Pionierin des Yoga in der westlichen Welt und als erste einflussreiche Frau im Yoga der Neuzeit. (Ruppe , www.shineyoga.de) Yoga-Meisterin Geeta S. Iyengar stimmte die Asanas im Iyengar Yoga auf den weiblichen Körper ab. Ihr Buch „Yoga für die Frau“ gilt als Standardwerk auf diesem Gebiet. (www.iyangar-yoga-deutschland.de)

Eine Studie des Berufsverbands der Yogalehrenden in Deutschland zeigt, dass die heutige westliche Yoga-Welt von Frauen dominiert wird. 90% der Yogapraktizierenden in Deutschland sind heutzutage weiblich. (Dallinger, www.orf.at)

Inzwischen wird Yoga als ganzheitliche Praxis bei diversen körperlichen Beschwerden empfohlen und sogar von Krankenkassen als ergänzende Maßnahme zu medikamentöser und therapeutischer Behandlung empfohlen.

Speziell zum Thema „Yoga in der Schwangerschaft“ und „Yoga nach der Geburt“, findet man heutzutage zahlreiche Bücher, Artikel, Blogs, Yogakurse und inzwischen auch wissenschaftliche Erkenntnisse, die die positiven Auswirkungen von Yoga in dieser Lebensphase belegen.

Beckenboden & Bauchmuskeln

Doch widmen wir uns erst einmal den körperlichen Aspekten der Yogapraxis.

Schon während der Schwangerschaft, doch besonders durch die Geburt wird der Beckenboden stark belastet. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.7) Ebenso wird die Bauchmuskulatur stark beansprucht, die geraden Bauchmuskeln schaffen dem Baby im Bauch Platz und schieben sich zur Seite. Nach der Geburt sind sie sehr weich und überdehnt. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.29) Auch kommt eine meist einseitige Belastung des Körpers durch das Tragen, Stillen und Wickeln des Babys hinzu. Der Körper braucht mehr als einen 6-wöchigen Rückbildungskurs, um wieder in Form zu kommen. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.7) Eine Hebammenweisheit besagt: „Der Bauch braucht neun Monate, um sich dem heranwachsenden Leben anzupassen und dem Baby den Raum für Wachstum zu geben und so braucht der Körper auch danach wieder mindestens neun Monate, um den Rückweg anzutreten.“ (Lorenz-Zapf/Zapf, S.29)

Manchen Frauen sieht man die Schwangerschaft vielleicht schon kurz nach der Geburt nicht mehr an, aber niemand sollte sich davon beeindrucken lassen, denn was entscheidend ist, spielt sich verborgen im Körperinneren ab. Das sind nämlich unser Beckenboden und unsere Bauchmuskeln. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.29)

Werfen wir einen genaueren Blick auf den Beckenboden, da dieser nicht nur rückbildungstechnisch auf körperlicher Ebene eine entscheidende Rolle spielt, sondern auch in Bezug auf die Yogapraxis. Er sorgt für Stabilität und Aufrichtung während der Asanas und spielt auf energetischer Ebene eine wichtige Rolle, nämlich als Energieverschluss im Körper, aber da kommen wir später noch zu.

Der Beckenboden besteht aus drei Muskelschichten. Die erste Schicht legt sich wie eine 8 um die Ausscheidungsorgane. Hier enden die Harnröhre und der Darm, die von diesem Muskel fest verschlossen werden, wenn nach der Geburt der Muskel zu schwach ist, kann genau das Probleme bereiten. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.56)

Die mittlere Schicht des Beckenbodens, sitzt genau zwischen den beiden Sitzbeinhöckern. Sie sorgt dafür, dass das Becken durch die Last des Oberkörpers

nicht zu sehr nach außen gedrückt wird. Diese Schicht ist sehr schwer anzusteuern, aber wichtig für Stabilität im Becken. Die dritte Schicht des Beckenbodens sitzt noch ein Stück weiter oberhalb der zweiten Schicht und zieht sich von Schambein zu Steißbein. Auf ihr liegen die Organe und die Blase und sie ist eng mit unserer Bauchmuskulatur verbunden und kann bei intensivem Bauchtraining mit trainiert werden. Diese Schicht hält nicht nur die Organe an ihrem Platz, sondern ist auch für die Stellung und die Aufrichtung des Beckens sowie für die korrekte Position der Wirbelsäule verantwortlich. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.56/57) Um dies auf die Yogapraxis zu beziehen, merken wir schon hier, wie wichtig der Beckenboden für die Stabilität des Körpers ist und somit auch eine großartige Hilfestellung in den Asanas sein kann.

Bevor man den Beckenboden trainiert und im Yoga mit ihm trainiert, ist es wichtig, ihn erst einmal zu spüren und ansteuern zu können, und zwar alle drei Schichten einzeln. Dafür gibt es spezielle Übungen und Anleitungen. Und nicht nur während der Yogapraxis ist der Beckenboden ein wichtiger Begleiter, sondern auch im Alltag kann und sollte er in bestimmten Situationen und Bewegungen aktiviert werden, um besonders unseren unteren Rücken zu schonen. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.71) Auch können kleine Beckenbodenübungen raffiniert in den Alltag eingebaut werden, beispielsweise beim Schieben des Kinderwagens kann der Griff mit den Handflächen nach oben geschoben werden, dadurch hat man automatisch einen aufrechten Gang und aktiviert beim Laufen den Beckenboden. Oder beim Staubsaugen oder Ausräumen der Spülmaschine kann der Beckenboden bewusst aktiviert werden.

Die geraden Bauchmuskeln sind nach der Geburt nicht mehr dort, wo sie mal waren. Sie wurden – wie oben erwähnt – während der Schwangerschaft zur Seite geschoben. Den Spalt zwischen den Muskeln, der nach der Geburt bleibt, nennt man Rektusdiastase. Mit vorsichtiger Kräftigung wird vorerst die innere Muskulatur gestärkt, nach einer Weile kann man anfangen, die seitlichen Bauchmuskeln zu trainieren. Erst wenn die Rektusdiastase ganz geschlossen ist, können die geraden Bauchmuskeln trainiert werden. (Ronnenberg, www.mammacita.de)

Do’s & Don‘ts für Yoga nach der Geburt

Übungen, die man am Anfang vermeiden sollte, sind beispielsweise Sit-ups und Crunches, auch schräge Sit-ups sollten vermieden werden, da sie die Rektusdiastase eher noch auseinanderziehen. Auf dem Rücken liegend die Beine absenken oder das Klappmesser, Planks, Hampelmann, Joggen und Burpies sollten vermieden werden. Aber auch stehende Asanas wie die Krieger. Alle Übungen beanspruchen Bauchmuskeln und Beckenboden so sehr, dass man sich besonders in der Anfangszeit nach der Geburt eher Schaden zufügen kann. (Ronnenberg, www.mammacita.de)

Generell ist Vorsicht geboten, denn körperlich sollte jede Frau achtsam wieder in die Kräftigung gehen nach der Geburt. So werden oft Tipps wie folgt gegeben: „Wir empfehlen, Beckenbodentraining nach der Geburt nur nach fachkundiger Anleitung zu betreiben. Eine Überstrapazierung ist zu vermeiden, ebenso wie falsch ausgeführte Übungen, die bestehende Schmerzen vielleicht sogar verstärken könnten.“ (Rainer-Trawöger, www.schwanger.at)

Die AOK empfiehlt schonende Sportarten und moderates Trainieren als Wiedereinstieg, also alles, was den Körper auf sanfte Weise fordert und die Bänder nicht überlastet, ist ideal, zum Beispiel Yoga. (www.aok.de)

Yoga im Wochenbett

Kleinste Übungen können sogar schon im Wochenbett gemacht werden, also die ersten zwei Wochen nach der Geburt. Auf dem Rücken im Bett liegend: Einatmung; Becken kippen, auf das Kreuzbein rollen. Ausatmung; Becken aufrichten, auf dem Kreuzbein zurückrollen, Lendenwirbelsäule flach auf das Bett drücken, ganz leicht Mula Bandha, also den Beckenboden, aktivieren, die untere Bauchdecke aktivieren.

Yoga in den ersten 6-8 Wochen nach einer komplikationslosen Geburt

Langsam kann es wieder auf die Matte gehen. Der Beckenboden kann nun intensiver trainiert werden, aber es sollten noch keine zu anstrengenden Übungen, wie die Krieger-Positionen gemacht werden. Auch gilt es jetzt, vorsichtig die seitliche Bauchmuskulatur zu trainieren. Besonders hier in enger Absprache mit der Hebamme oder der Ärzt:in.

Yoga ab der 6.-8. Woche nach Geburt

Jetzt kann es mehr in die Kräftigung gehen. Asanas wie die Krieger stärken den Beckenboden und die seitlichen Bauchmuskeln können nun ausgiebig trainiert werden. Sobald die Rektusdiastase verschwunden ist, können auch die geraden Bauchmuskeln trainiert werden, doch auch dies sollte von der Hebamme oder der Ärzt:in bestätigt werden.

Jana Darmstadt, die selbst Beckenbodenkurse leitet, rät dazu, frühestens viereinhalb Monate nach der Geburt wieder zum regulären Yoga-Unterricht zu gehen: „Der Körper ist nach der Geburt vor allem im Rücken-, Bauch- und Beckenbereich hormonell bedingt noch so weich – vor allem, wenn die Frau stillt –, dass junge Mütter sich sogar eher schaden als nutzen könnten.“ Vor der Rückkehr zu einer anspruchsvollen Praxis sollte die Frauenärztin im Idealfall das Okay dazu geben.  (Goßmann, www.yogaeasy.de)  

Das sagt Sukadev, der Gründer von Yoga Vidya, zum Thema Yoga nach der Geburt: „Im Grunde genommen ist erstmal die Frage: Welches Yoga? […] Tiefenentspannung geht schon direkt danach. Sanfte Atemübungen – geht auch direkt danach. Meditation, Mantra Wiederholung, einfache Dehnübungen, das geht alles sofort nach der Geburt. Positives Denken, Affirmationen, Visualisierungen und im weiteren Sinne ist auch Liebe geben, Liebe empfangen auch ein Yoga. In diesem Sinne: Mit der Geburt beginnt Yoga erst so richtig. Staunen und das Göttliche sehen im neuen Lebewesen. Das ist auch ein besonderer Yoga. Also, wann Yoga nach Geburt? Yoga ist mit der Geburt, vor der Geburt, nach der Geburt.“ (Bretz, www.wiki.yoga-vidya.de)

Balance

Neben all den physiologischen Wundern, die Yoga nach der Geburt bewirken kann, ist die psychologische Stütze, die Yoga bieten kann, nicht zu unterschätzen.

Die Geburt eines Kindes ist ein Wunder der Natur als solches und ein wunderbarer Moment für viele Eltern. Für viele kann es aber auch ein einschneidendes Erlebnis sein. Das Leben ändert sich, ein neuer Alltag beginnt, ein neues Denken, ein neues Selbstfinden. Schlafmangel, Stillen, Wickeln und die Beschäftigung mit dem Kind verlangen der Frau zusätzliche Kräfte ab. Zudem stellen Mütter heutzutage oft überzogene Ansprüche an sich selbst und wollen ihren Alltag genauso perfekt in den Griff bekommen wie in der Zeit vor der Geburt. Dies führt oft zu Unzufriedenheit, den eigenen Ansprüchen nicht zu genügen, statt sich über all die Dinge zu freuen, die man geschafft hat. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.16)

„Yoga kann dabei helfen, ein Gefühl zu bekommen für die Bedürfnisse des Körpers und der Seele – und die notwendige Gelassenheit zu entwickeln, wenn etwas einmal nicht so läuft, wie wir uns das vorgestellt haben.“ (Lorenz-Zapf/Zapf, S.71)

50-70 % aller Frauen bekommen ein paar Tage nach Geburt den sogenannten Babyblues, der aber meistens nach einigen Stunden, spätestens nach drei Wochen verschwindet. Stimmungslabilität mit Wechsel zwischen Weinen und Freude können typische Symptome sein, sowie Reizbarkeit oder Schlafstörungen. Schuld daran ist die hormonelle Umstellung, die plötzliche Lebensveränderung mit der Geburt oder auch fehlende Ruhe. 10–15 % der Frauen entwickeln nach einer Geburt sogar eine postpartale Depression, an dem Punkt ist es sehr empfehlenswert, sich ärztliche Hilfe zu suchen. (www.deutsche-depressionshilfe.de)

Diese Zahlen zeigen uns wie belastend die neue Lebenssituation für viele Mütter sein kann. Diese beziehen sich zwar nur auf die ersten Lebenswochen, doch Zweifel und Ängste bleiben für viele Eltern ein ständiger Begleiter. Ob es Zukunftsängste sind, die eigene Findungsphase nach der Geburt oder Zweifel im Umgang mit dem eigenen Kind – wenn wir es schaffen, uns selbst zu regulieren und mehr positives Denken lernen, profitieren nicht nur wir davon, sondern auch unser Kind, Partner:in und die ganze Familie. „Da wir im Yoga lernen uns zu entspannen, Emotionen abzubauen und die Gedanken zu beruhigen, können sich lärmende Verspannungen lösen. Wir lernen, ruhig zu atmen und damit mehr Sauerstoff aufzunehmen. Außerdem erlangen wir durch die Übungen eine bessere Haltung, was zu einer selbstbewussteren inneren Einstellung führen kann. Yoga kann auch dabei helfen, Ängste abzubauen und das Nervenkostüm zu stärken.“ (Lorenz-Zapf/Zapf, S.31)

Laut des Berufsverbandes der Yogalehrenden in Deutschland e.V. (BDYoga), fördert Yoga die Entspannung und wirkt regulierend in akuten Stresssituationen. Er verweist auch auf die Anerkennung von Yoga als „primärpräventive Maßnahme“ zur Förderung von Stressbewältigungskompetenzen durch die Krankenkassen. (www.yoga.de) So schreibt die BAMER beispielsweise auf ihrer Website: „Therapeuten, Wissenschaftler und Experten der Naturheilkunde haben erkannt, dass Yoga ein ganz großartiger Begleiter auf der Reise zu mehr mentaler Stärke ist. Denn Yoga ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Körper und Geist in Einklang bringt. Yoga ist kein bloßer Trend, sondern durch seine geistigen und körperlichen Übungen dazu in der Lage, unsere Gedanken- und Verhaltensmuster zu ändern. Wer Yoga praktiziert, lernt unter anderem auch bewusstes Atmen, denn tiefes Ein- und Ausatmen ist ganz eng mit mentaler Stärke verbunden.“ (www.barmer.de)

Auch wird erklärt, dass Yoga neben anderen Formen der Naturheilkunde, am besten erforscht ist. Es ist keinesfalls ein Heilmittel für psychische Krankheiten, aber das durch die regelmäßige Yogapraxis körperliche und psychische Heilungsprozesse stattfinden, konnten Wissenschaftler bereits belegen. So werden konkret Glückshormone wie Dopamin und Serotonin und ein Neurotransmitter namens „GABA“ vermehrt. Gamma-Aminobuttersäure ist ein Neurotransmitter mit angstlösender Wirkung, sie unterstützen die innere Stärke. Yoga kann somit einen wissenschaftlich nachgewiesenen positiven Einfluss auf unsere Stimmung haben. (www.barmer.de

Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Atmung im Yoga. Das erste, was unser Baby macht wenn es zur Welt kommt, ist atmen, und das letzte, was wir machen, wenn wir von der Welt gehen, ist auch atmen. Der Atem hält uns am Leben. Wenn wir aufgeregt sind, atmen wir schnell und flach und über eine tiefe und langsame Atmung können wir uns wieder beruhigen. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.34) Und genau hier setzt Yoga an. Im Yoga lernen wir unseren Atem zu beobachten und zu kontrollieren. Durch das tiefe und gleichmäßige Atmen können wir viele unserer gewohnheitsmäßigen Atemmuster aushebeln. Besonders als Mutter ist man vielen emotional herausfordernden Situationen ausgeliefert. „Unser Kind schafft es, Knöpfe in uns zu drücken, die wir vorher nicht einmal kannten. Nun können wir uns stressen lassen und uns als Spielball des Lebens fühlen, der von einer unangenehmen Situation in die nächste katapultiert wird. Oder aber wir nehmen die Herausforderung an und nutzen Yoga, um unsere antrainierten Reaktionen langfristig zu verändern.“ (Lorenz-Zapf/Zapf, S.39)

Folgende Atemübungen können zu Hause oder überall im Alltag praktiziert und eingebaut werden. Die tiefe Bauchatmung entspannt, beruhigt und bringt Ausgeglichenheit. Die Ujjayi Atmung hilft uns, Gedanken bewusst zur Ruhe zu bringen, sie bringt Konzentration und baut Energie im Körper auf. Durch die Verengung der Stimmritze entsteht ein leises Rauschen beim Atmen, welches die Konzentration vollends auf sich zieht, weg von Dingen um uns herum. Diese Atemübung hilft uns, den Kopf auszuschalten. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.41) Durch das leichte Rauschen oder Brummen in der Kehle, wird der Vagusnerv stimuliert. Dieser gehört zum Parasympathikus und somit zum unwillkürlichen Teil unseres Nervensystems, er lässt sich aber über Entspannung, gezielte Körperübungen und die Atmung rückwirkend ansteuern und sorgt für geistige und körperliche Entspannung. (vgl. Inner Flow Yoga Handbuch, S.84)

Als klassische Atemübungen des Pranayama (Atem-Yoga), kann Nadi Shodana, die Wechselatmung, geübt werden. Sie erfolgt im Sitzen, es wird abwechselnd durch je ein Nasenloch ein- und ausgeatmet, mit gefüllter Lunge wird der Atem gehalten. Diese Atemübung erhöht die Lungenkapazität und hilft dabei, den Atem zu kontrollieren. Nadi Shodana fördert die Konzentration und schenkt mehr innere Ruhe und neue Kraft, wenn man sich erschöpft fühlt. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.40)

Prana, die Lebensenergie ist ein ganz wichtiger Aspekt im Yoga. Nach der Geburt fühlen sich viele Frauen oft energielos, ja fast „ausgelaugt“. Yoga nach der Schwangerschaft kann den Körper energetisieren und gleichzeitig entspannen. Es wird daran gearbeitet, unsere Alltagsgedanken zur Ruhe zu bringen und unsere geistigen Energien auszubalancieren, damit bringen wir Körper und Geist in eine harmonische Grundenergie, die die Basis für unser Wohlbefinden darstellt. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.42) An dieser Stelle kommt wieder unser Beckenboden ins Spiel, denn im Pranayama gilt er als einer der wichtigsten Energieverschlüsse.

„Mula Bandha“, der Wurzelverschluss, wird er genannt und zählt neben „Uddiyana Bandha“, dem Bauchnabelverschluss, und „Jalandhara Bandha“, dem Kehlkopfverschluss, zur den drei großen „Bandhas“ (Verschluss) im Körper, den „Maha Bandhas“. Richtig ausgeführt, können sie in Kombination mit verschiedenen Atemtechniken, Energien und Prana im Körper halten, aufbauen und leiten. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.47-49)

Eng verknüpft mit dem Thema Energie ist die Wirkung der Chakras, sie stellt eine ebenso spannende wie wichtige Rolle in Bezug auf Yoga nach der Schwangerschaft dar. Chakren sind Energiezentren in unserem Körper, die sich vom Steißbein entlang der Wirbelsäule über Nabel, Herz, Hals und Stirn bis zur Kopfkrone im Körper verorten lassen. Jedes Chakra hat eine ganz eigene Bedeutung und Wirkung im Körper und Geist. Verschiedene Lebensthemen finden dort ihre energetische Entsprechung – von Urvertrauen, Selbstbewusstsein, Kreativität, Überlebenswillen, Herzensgüte bis hin zu Kommunikation und Spiritualität. Das „Muladhara Chakra“ ist analog zum „Mula Bandha“ das Wurzelchakra. Energetisch steht es für Urvertrauen, Ich-Bewusstsein, innere Stabilität, Beständigkeit und Selbsterhaltung. Während der Geburt entsteht ein Energieverlust der im Becken gesammelten Energie und das Wurzelzentrum gerät somit in Disharmonie. In Betrachtung der Themen, für die das Muladhara Chakra steht, ist die Herleitung einfach, wieso viele Frauen eben mit solchen Themen zu kämpfen haben. Mit gezielten Atem- und Körperübungen kann Harmonie und Ausgeglichenheit geschaffen werden. (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.51/52)

Auch Themen wie Selbstwahrnehmung, Selbstbestimmtheit und Selbstakzeptanz, sich selbst anzunehmen und zu lieben, wie man ist (vgl. Lorenz-Zapf/Zapf, S.14) sind wichtige Themen in der Yogalehre und können mit allen bereits genannten Themen dabei helfen, im Einklang mit sich selbst zu leben – in Balance.

Fazit Yoga nach der Geburt

Ich würde nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern auch aufgrund vieler Ratschläge von Expert:innen zum Thema „Yoga nach der Geburt“, so gut wie jeder Mutter dazu raten, nach der Geburt Yoga zu praktizieren.

Die körperliche Regeneration und Stärkung sind natürlich ein sehr wichtiger Aspekt dabei. Die körperlichen Übungen können helfen, die Bauchmuskeln, den Beckenboden und den Rücken zu kräftigen, was besonders nach den Belastungen während der Schwangerschaft und der Geburt wichtig ist. Allerdings – wie bereits oben genauer erläutert – in Rücksprache mit medizinischem Fachpersonal, insbesondere nach einem Kaiserschnitt oder bei besonderen medizinischen Bedingungen ist es entscheidend.

Yoga umfasst aber auch Atemtechniken und Entspannungsübungen, die helfen können, Stress abzubauen und die geistige Entspannung zu fördern. Die tiefe Atmung und die Konzentration auf den gegenwärtigen Moment können Frauen dabei unterstützen, sich trotz der neuen Herausforderungen nach der Geburt ruhiger und gelassener zu fühlen. Besonders das emotionale Wohlbefinden kann sogar wissenschaftlich nachgewiesen, durch Yoga gesteigert werden. Es kann Frauen nach der Geburt dabei helfen, emotionale Höhen und Tiefen besser zu bewältigen. Die Meditation und Achtsamkeitspraktiken, die im Yoga enthalten sind, können dazu beitragen, das Selbstbewusstsein zu steigern, Ängste abzubauen und die Bindung zur eigenen Intuition zu stärken.

Auch die Verbindung zu anderen Müttern ist ein großer Pluspunkt. Yogakurse speziell für Mütter nach der Geburt bieten eine unterstützende Umgebung, in der Frauen sich austauschen können. Dies kann dabei helfen, sich weniger isoliert zu fühlen und von den Erfahrungen anderer Mütter zu lernen.

Alles in allem, ob körperliche, energetische oder Achtsamkeits-Übungen, die drei großen B’s sind allgegenwärtig. Beckenboden • Bauchmuskeln • Balance

Quellenverzeichnis Yoga nach der Geburt

AOK online: „Sport nach der Geburt: So finden Sie zur gewohnten Fitness zurück“, verfügbar auf: https://www.aok.de/pk/magazin/familie/geburt/ab-wann-ist-sport-nach-der-geburt-okay/, aufgerufen am 12.09.2023

BARMER Internetredaktion: „Wie Yoga bei Depressionen hilft und für innere Stärke sorgt“, verfügbar auf: https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/sport/sportarten/yoga/yoga-mentale-staerke-1057018, aufgerufen am 12.09.2023

Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland e.V.: „Die präventive Wirkung von Yoga“, verfügbar auf: https://www.yoga.de/yoga/praevention/, aufgerufen am 12.09.2023

Dallinger, Helene: „Wie Yoga weiß und weiblich wurde“, verfügbar auf: https://orf.at/stories/3239716/#:~:text=Krishnamacharya%20war%20es%20auch%2C%20der,allem%20unter%20amerikanischen%20Frauen%20verbreitete., aufgerufen am 11.09.2023

Iyengar-Yoga Deutschland e.V.: „B.K.S. IYENGAR UND FAMILIE“, https://www.iyengar-yoga-deutschland.de, aufgerufen am 11.09.2023

Lorenz-Zapf, Romana / Zapf, Holger (2018) „Yoga nach der Schwangerschaft“, Irisiana Verlag

Goßmann, Katharina: „Alles über Yoga in der Schwangerschaft“, verfügbar auf: https://www.yogaeasy.de/artikel/yoga-und-schwangerschaft-eine-wundervolle-allianz, aufgerufen am 12.09.2023

Rainer-Trawöger, Katharina: „Yoga nach der Geburt“, verfügbar auf:https://www.schwanger.at/artikel/yoga-nach-der-geburt.html, aufgerufen am 12.09.2023

Ronnenberg, Julia: „Übungen, die Dir nach der Geburt schaden“, verfügbar auf: https://www.mammacita.de/uebungen-die-dir-nach-der-geburt-schaden/#:~:text=Sit%2Dups%20und%20Crunches%20geh%C3%B6ren,in%20der%20K%C3%B6rpermitte%20zu%20erlangen., aufgerufen am 17.09.2023

Ruppe, Martin: „Frauen im Yoga – Drei Pionierinnen“, verfügbar auf: https://www.shineyoga.de/frauen-im-yoga-drei-pionierinnen/, aufgerufen am 11.09.2023

Schwermer, Alina: „Wie Yoga in die Welt kam: Indien, Hollywood, Sowjetunion“; https://taz.de/Wie-Yoga-in-die-Welt-kam/!5933537/#:~:text=Pionierin%20war%20Indra%20Devi%20damit,vor%202.500%20Jahren%20namentlich%20erw%C3%A4hnt., aufgerufen am 11.09.2023

Stiftung Deutsche Depressionshilfe: „Depression in der Schwangerschaft und nach der Geburt“, verfügbar auf: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/in-der-schwangerschaft-und-nach-der-geburt#:~:text=10%E2%80%9315%20%25%20der%20Frauen%20entwickeln,eine%20starke%20depressive%20Symptomatik%20zeigen, aufgerufen am 12.09.2023

Yoga Vidya e.V.: „Ursprung und Entwicklung des Yoga“; verfügbar auf: https://www.yoga-vidya.de/yoga/ursprung-und-entwicklung-des-yoga/, aufgerufen am 11.09.2023

Yogawiki: „Wann Yoga nach Geburt“, verfügbar auf: https://wiki.yoga-vidya.de/Wann_Yoga_nach_Geburt, aufgerufen am 12.09.2023

Bild von sofietakesphotos auf Pixabay

Die Arbeit mit dem Beckenboden ist Schlüssel bei Yoga nach der Geburt

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