Surya Namaskara und die Meridiane

Alle abgebildeten Abschluss- und Hausarbeiten im Spiritainment sind im Rahmen von Inner Flow Yoga Ausbildungen entstanden. Sie sind weiter geistiges Eigentum der Autor*innen und werden mit deren freundlicher Genehmigung hier veröffentlicht.
Inhalt

1. Einleitung Surya Namaskara und die Meridiane

Alles im Leben ist Energie und im Yoga sowie im Qi Gong, einem der Standbeine der traditionellen chinesischen Medizin, geht es darum die Energie im Körper wieder zum Fließen zu bringen. Die Yogis nennen es Prana, die Chinesen Qi, aber im Grunde ist damit dasselbe gemeint, nämlich die Energieleitbahnen die durch unseren Körper fließen, alles miteinander verbinden und unseren Organen, Emotionen und Körperteilen leben einhauchen. Im Gegensatz zur westlichen Schulmedizin, die rein auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, Anatomie und Physiologie aufbaut, geht es in der traditionellen chinesischen Medizin, wie auch im ayurvedischen, um die Beobachtungen von Körperreaktionen und der Interpretation von Körpererfahrungen. Weiterhin ausschlaggebend ist das Konzept von Yin und Yang, dass kurz gesagt, alles im Leben einen Gegenpol hat, ohne den er nicht existieren könnte.

In der heutigen Welt, die von Leistungsfähigkeit, Konkurrenzdruck, Bewegungsmangel und Individualismus geprägt ist, nehmen Stress, Angst und Niedergeschlagenheit im Alltag immer mehr zu. Um die Herausforderungen des Lebens zu meistern, ist zwar seit jeher ein gewisses Maß an Spannung notwendig, jedoch haben sich die Anforderungen und Lebensgewohnheiten in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Viele Menschen sind fast nur noch in der Anspannung und sogar die Freizeitgestaltung wird als anstrengend empfunden, sie befinden sich also hauptsächlich im Yang. Der Ausgleich, die Entspannung, das Yin fehlt oder wird oft mit Fernsehen ausgeglichen, wobei allerdings nur scheinbar eine Entspannung stattfindet, da der Geist weiterhin von außen berieselt wird. Das führt dazu, dass die Energiekanäle im Körper blockieren bzw. nicht mehr richtig versorgt werden. In der chinesischen Medizin sagt man: „Krankheit ist nichts anderes, als zu viel, zu wenig oder gestaute Energie. Wobei ein Zuviel oder ein Zuwenig an Energie meist an einer Stauung bzw. Blockade liegt. Yoga und Qi Gong sind beides Techniken um die Energie wieder zum Fließen zu bringen und innerliche und äußere Blockaden aufzulösen.

Diese Arbeit möchte sich dem Thema Sonnengrüße widmen. Erstens, weil die Sonne Hauptenergiespender für Mensch, Tier und Pflanze ist und zweitens, weil es interessant ist herauszufinden, welche Meridiane beim Sonnengruß aktiviert werden und welche Übungen man noch ergänzen sollte, damit das ganze System angesprochen und ausgeglichen wird. Yin Yoga beschäftigt sich auch mit der Verbindung zwischen Yoga und der TCM, allerdings bei länger gehaltenen, meistens 3 – 5 Minuten langen Asanas und nicht bei Bewegungen im Fluss, wie es beim Qi Gong und dem Sonnengruß der Fall ist.  Ich habe keine Literatur gefunden, die sich auch mit den Sonnengrüßen und deren Auswirkungen auf die Meridiane beschäftigt. Deswegen möchte ich im Folgenden gerne die Auswirkungen der Sonnengrüße aus yogischer Sicht und aus Sicht der TCM miteinander vergleichen und erforschen, inwieweit sich Übereinstimmungen und Abweichungen ergeben.

 2. Hauptteil

Im Hauptteil dieser Arbeit werden die 12 Bewegungen des Sonnengruß A erläutert. Außerdem wird als erstes die Wirkung auf den Körper und auf die Psyche aus yogischer Sicht und als zweites aus Sichtweise der TCM mit der Meridianaktivierung dargestellt und ein kurzer Einblick in die zugehörigen Funktionen gegeben.

Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, den Verlauf jeden Meridians zu erklären, vor allem weil viele Meridiane auch Abzweigungen ins innere des Körpers haben. Daher werde ich mich auf die außen liegenden Punkte der 12 Hauptmeridiane und die 2 Mittellinienmeridiane konzentrieren, die man anhand des folgenden Bildes gut nachvollziehen kann.

Surya Namaskara und die Meridiane

Bild:https://de.123rf.com/photo_53155193_meridian-system-chart-deutscher-beschriftung-m%C3%A4nnlichen-k%C3%B6rper-mit-akupunktur-meridiane-vorderen-und-hint.html

2.1 Tadasana * Berghaltung mit den Händen vor dem Herzen

  • Das Üben dieser Asana sorgt dafür, dass man lernt, so stabil und aufrecht wie ein Berg zu stehen. Die meisten Menschen stehen nicht immer auf beiden Beinen gleichmäßig und belasten daher eine Seite des Körpers mehr, was energetisch zu einem Ungleichgewicht führt. Das leichte nach vorne Kippen des Beckens und die Spannung im Po stärken die Wirbelsäule und verbessern die generelle Ausrichtung des Körpers. Gleichzeitig werden die Gesäßmuskulatur und die Schultermuskulatur gestärkt und altersbedingte oder berufsbedingte Beschwerden der Beine und Füße können gelindert werden. Auf emotionaler Ebene gibt diese Asana ein Gefühl der Stärke, Ruhe, Stabilität und innerem Gleichgewicht. (Vgl.: Iyengar, 2008, S. 68-69) Hauptsächlich wird hier das Anahata Chakra durch die Verbindung der Daumenballen mit dem Brustbein angesprochen. (Vgl. Bretz, 2003, S.20)
  • Tadasana entspricht fast der Grundhaltung im Qi Gong, nur dass man im Qi Gong die Füße hüftbreit auseinanderstellt und die Knie sanft beugt, anstatt sie hochzuziehen um durch die aktive Betätigung der Beine die Kraft wieder Richtung Erde zu lenken. Bei manchen Organformen fängt man allerdings auch genauso, also mit geschlossenen Füßen, an. In Tadasana werden hauptsächlich der Milz- und Magenmerdian an der Vorderseite des Körpers angesprochen. Milz und Magen entsprechen dem Element Erde in der TCM und sind in der Mitte als zentrale Position zwischen allen anderen Elementen angeordnet. Das Element Erde gehört zu dem Funktionskreis Mitte, der dafür sorgt, sowohl körperlich als auch emotional, das „Klare vom Trüben“ zu trennen.  Die Mitte spielt eine essenzielle Rolle dabei, wie man sich fühlt und wie man im Leben steht. Ist man in seiner Mitte, kann man gut unterscheiden was wichtig und richtig ist im Leben. Ist etwas in dem Funktionskreis Mitte gestört, neigt man zu Grübeleien und kann sich nicht gut entscheiden. In unserer westlichen Gesellschaft ist bei vielen Menschen die Mitte, also Milz und Magen geschwächt, da wir uns zu einseitig und vor allem zu kalt Ernähren. Diese Übung hilft dabei , den Funktionskreis zu stärken und zu regenerieren. (vgl.: dtv- Atlas Akupunktur2018, S. 44-45) In dem Bereich, der in der TCM dem Anahata Chakra entspricht, liegen die Qi Zentren für den Atem und den Kreislauf. Hier sammelt sich das Qi, das den Atem reguliert, den Antrieb und die Motivation steuert.
https://www.viva-sanitas.de/5-wandlungsphasen.html

2.2 Tadasana – Urdhva Hastasana * Bergstellung mit nach oben gestreckten Armen

  • Diese Variante der Bergstellung, ergänzt um das nach oben Strecken der Arme und kombiniert mit einer sanften Rückbeuge des oberen Rückens, kräftigt und strafft den Bauch, die Kniegelenke, das Becken, den gesamten Oberkörper und den Rücken. Die Oberschenkel und die Schultern werden gedehnt und Plattfüße können durch die richtige Belastung der Füße (Außenkante Ferse und Großzehballen) korrigiert werden. Außerdem können Ischiasbeschwerden und Arthritis gelindert werden. Auf emotionaler Ebene hilft diese Asana gegen Depressionen und stärkt das Selbstbewusstsein. (vgl.: Iyengar, 2008, S. 186-187) Hier wird durch das nach oben Strecken und der sanften Rückbeuge des Kopfes in erster Linie das Vishudda Chakra angesprochen, welches auf energetischer Ebene für Ausdruck, Kommunikation, Offenheit und Inspiration steht. (Vgl. Bretz, 2003, S.20)
  • Wie bei Tadasana werden bei dieser Asana Milz- und Magenmeridian angesprochen, hier sogar noch etwas stärker, da sich der Körper durch das Heben der Arme noch weiter in die Länge zieht. Außerdem wird durch das Strecken der Arme das gesamte Herz-Kreislauf-System aktiviert, bestehend aus den Yin-Meridianen an den Armen: Herz-, Herzbeutel- und Lungenmeridian. Das Herz gehört zur Wandlungsphase Feuer und die Lunge zum Metall. Wenn die Energie im Herzmeridian blockiert ist, neigt man zu Depressionen und wenn zu viel Energie im Herzmeridian vorhanden ist, kann es dazu führen, dass man sich zu übermäßig freut. Was ja erst mal sehr schön klingt, aber aus energetischer Sicht braucht es ja immer auch einen Ausgleich und wenn eine Emotion die Überhand gewinnt, wird das zugehörige Organ, in diesem Fall das Herz, geschwächt. Die zugehörige Emotion zur Lunge ist aus Sicht der TCM die Trauer. Es ist wichtig in manchen Situationen des Lebens zu trauern. Herrscht diese Emotion jedoch für längere Zeit vor, kann die Lunge geschwächt werden. Bzw. ist die Lunge geschwächt, kann es dazu führen, dass man sich häufiger traurig fühlt. Durch diese Asana wird der Funktionskreis angeregt und energietische Blockaden können gelöst werden. (vgl.: dtv- Atlas Akupunktur, 2018, S. 39-43) Durch das Strecken der Arme und die dadurch entstehende Dehnung in der Körperaußenseite wird hier auch der Gallenblasenmeridian angeregt. Die Gallenblase ist das zugehörige Yang-Organ zur Leber und steht für Entschlossenheit und Mut. Zusätzlich zu den, den Organen zugeordneten Meridianen gibt es noch die beiden Mittellinienmeridiane. Einer davon ist das Konzeptionsgefäß, dass am Dammpunkt beginnt und an der Vorderseite des Körpers bis zu dem Punkt unter der Unterlippe verläuft. Dieser Meridian wird auch in Tadasana Urdhva Hastasana angesprochen durch die Streckung des Oberkörpers. Er steht mit allen Yin-Meridianen in Verbindung und dient als „Ausgleichsreservoir“ der Energien der Yin-Leitbahnen. (vgl.: dtv- Atlas Akupunktur, 2018, S. 59) Der Bereich der in der TCM am ehesten dem Vishudda Chakra entspricht ist der Daz hui Punkt, der sich am 7. Halswirbel befindet. Dort treffen alle Yang Meridiane aufeinander und man nennt ihn auch den Punkt der Kümmernisse, da er, wenn viel Yang, also viel Anspannung und Kraft im Körper ist, dazu neigt Verspannungen zu erzeugen.

2.3 Uttanasana * stehende Vorbeuge

  • In dieser Asana werden die Beinrückseiten und die Wirbelsäule intensiv gestreckt und gedehnt. Uttanasana verlangsamt den Herzschlag, regeneriert Rückenmarksnerven und Gehirnzellen. Außerdem können Bauch- und Rückenschmerzen durch die Massage der inneren Organe, wie Niere, Leber und Bauchspeicheldrüse, die durch das intensive nach vorne neigen des Körpers stattfindet, gelindert werden. Das Immunsystem und die Verdauung werden zusätzlich angeregt und die Asana kann helfen, Probleme im Bereich des Unterleibes zu lindern. (vgl.: Iyengar, 2008, S. 186-187) Auf emotionaler Ebene hilft sie bei mentaler und physischer Erschöpfung und lindert Angstgefühle und Depressionen. Bei regelmäßiger Übung entwickelt man Geduld, Hingabe und die Fähigkeit loszulassen. Die feinstoffliche Wirbelsäule Sushumna kann sich öffnen und Kundalini kann erweckt werden. Auf energetischer Ebene wird durch die intensive Dehnung des Sakralbereiches das Swadhistana Chakra angesprochen, welches u.a. für Sexualität, Gefühle und Kreativität steht. Bei dieser Asana werden auch alle anderen Chakren und das Sonnengeflecht angeregt. (Vgl. Bretz, 2003, S.20-21)
  • Aus Sicht der TCM wird hier hauptsächlich der Blasenmeridian, der sich von der inneren Kante der Augenbraue über die Rückseite des Körpers bis zum kleinen Zeh erstreckt, angesprochen. Es handelt sich beim Blasenmeridian um den längsten Meridian und er gehört zum Funktionskreis Niere/ Blase und entspricht dem Element Wasser. Die zugehörige Emotion ist die Angst. Jeder kennt das Sprichwort: „Das geht mir an die Nieren“. Damit sind meist Situationen im Leben gemeint die einem schwer zusetzen und durch ein starkes, damit verbundenes Angstgefühl tatsächlich die Niere schwächen können. In Uttanasana wird auch ein wichtiger Akupunkturpunkt gestärkt, der zur Niere gehört: der Mingmen Punkt, der sich zwischen den Nieren, gegenüber vom Bauchnabel auf der Wirbelsäule befindet. Weiterhin wird der zweite der Mittellinienmeridiane, das Lenkergefäß, angesprochen, der sich von dem Dammpunkt über die Rückseite des Körpers erstreckt und oberhalb der Oberlippe endet. Dieser Meridian stellt die Verbindung zwischen sämtlichen Yang- Meridianen und den Genitalien und dem Kopf her. (vgl.: dtv- Atlas Akupunktur, 2018, S. 57) Das Swadhistana Chakra findet sich in der TCM im Bereich des unteren Dantian wieder, der auch als Quellpunkt und Meer des Qi im Unterbauch bezeichnet wird und den zentralen Energiespeicher im Körper darstellt. Dieser Raum ist besonders kostbar und von dort aus verteilt sich das Qi in den ganzen Körper.

2.4 Ausfallschritt* Anjaneyasana Vorübung

  • In dieser Asana werden die Wirbelsäule, die vorderen Oberschenkelmuskel des gestreckten Beins und der hintere Oberschenkelmuskel des vorne aufgestellten Beins gedehnt und gestreckt. Die Hüftbeuger werden abwechselnd gedehnt und die Schulter wird geöffnet. Diese Asana dient vor allem zum Aufwärmen und als Übergang zwischen anderen Positionen. (Schöps, 2009, S. 66) Blockaden im Hüftbereich können gelöst werden und der Körper wird allgemein flexibler und dehnbarer. Man sagt ja auch: In einem flexiblen Körper lebt ein flexibler Geist ?. Bei der Ausführung konzentriert man sich auf sein drittes Auge um so die Mittellinie zu bewahren, dadurch wird hauptsächlich das Ajna Chakra angesprochen. Dieses steht u.a. für Wahrnehmung, Intuition und Willenskraft. (Vgl. Bretz, 2003, S.20-21)
  • Aus Sicht der TCM wird im Ausfallschritt durch das Aufstellen des vorderen Beins am Boden und das Öffnen der Brust, der Milzmeridian und der Lebermeridian aktiviert. Beide erstrecken sich über die Beininnenseite bis kurz unter die Brust. Der Lebermeridian gehört zum Funktionskreis Leber/ Gallenblase und zum Element Holz. Ist das Holzelement im Ungleichgewicht kann es zu verstärktem Empfinden von Wut und Zorn kommen. Außerdem ist die Leber für die gleichmäßige Verteilung für Qi und Blut im ganzen Körper zuständig. Man kann sich die Leber Sinnbildlich so vorstellen: Sie liegt am liebsten in einer Badewanne, die vollgefüllt mich frischem Blut ist, damit sie es überall hin verteilen kann. Ist die Leber geschwächt oder die Funktion gestört, ist nicht mehr genug Blut da und die Leber friert und wird wütend und beschimpft die anderen Organe, wenn sie kommen wollen um sich das nötige Blut zu holen. In der TCM nennt man das: Die Leber attackiert…(z.B. die Lunge oder die Milz). Der Ausfallschritt kann helfen, diesen Funktionskreis wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Bei dem nach hinten gestrecktem Bein, wird der Blasenmeridian gedehnt und gleichzeitig der Punkt „Niere 1“ auf dem Fußballen in die Erde gedrückt. Dieser ist einer der wichtigsten Punkte im Qi Gong, auch sprudelnde Quelle des Lebens genannt. Dieser wirkt entspannend und regulierend, er beruhigt und klärt den Geist, erdet und stärkt. Der Punkt Niere 1 hilft bei Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, bei Vergesslichkeit und Abgeschlagenheit.
    Der Ort an dem das Ajna Chakra seinen Platz hat, wird in der TCM Yin Tang genannt, das 3. Himmlisches Auge, das Auge das auch nach innen schaut und den Kopf erhellt. Yin Tang beruhigt den Geist des Herzens (Shen) und klärt Kopf und Augen.

2.5 Phalakasana * Liegestützposition

  • Bei dieser Asana wird der gesamte Körper gekräftigt und gefordert. Beginnend bei den Handgelenken, den Armen, dem Bauch, dem Rücken und den Beinen muss alles angespannt sein, damit man nicht auf den Boden fällt. Beim Zurücknehmen der Schultern wird der Brustkorb geweitet und Fehlstellungen im Bereich des oberen Rückens entgegengewirkt. Auf emotionaler Ebene wirkt diese Asana gegen Lethargie und Erschöpfung und gibt dem Übenden ein Gefühl der Stärke und Frische. (Vgl.: Schöps, 2009, S. 66) Energetisch wird bei Phalakasana in erster Linie das Manipura Chakra (Sonnengeflecht) angeregt, welches als Zentrum des Glaubens, des Selbstvertrauens und des Unterbewusstseins gilt. (Vgl. Bretz, 2003, S.20)
  • Aus Sicht der TCM werden hier erneut die wichtigen Akupunkturpunkte an den Innenseiten der Handgelenke aktiviert, die auch bei den meisten Qi Gong Übungen eine essenzielle Rolle spielen. Durch das Zusammenziehen der Schulterblätter wird die Brust geöffnet und die Lunge gestärkt. Außerdem wird auf dem Fußballen der Punkt Niere 1 aktiviert. Der Bereich, in dem das Manipura Chakra vorgefunden wird, bezeichnet man in der TCM als Mingmen Punkt, das Tor des Lebens, der Zugang zum Zentrum der ererbten Eigenschaften und der ganz persönlichen Lebensenergie. Dieses Zentrum zwischen den Nieren ist die Rückseite, die Yang Seite, des zentralen Qi-Reservoirs.

2.6 Ashtanga Namaskarasana * Acht- Punkte- Stellung

  • Die Acht- Punkte Stellung gehört zu den Rückbeugen und stärkt die Arm- und Schultermuskulatur. Sie lässt die Energie von den Füßen bis in den Kopf fließen. Die Schulterblätter werden sanft nach hinten gezogen und der Nacken dadurch leicht gedehnt. Die Wirbelsäule wird gestärkt und die Bauchorgane bekommen eine Massage und erhalten eine bessere Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff. Beschwerden wie Unruhe, hoher Blutdruck, verletztes Gewebe, Hitze und Überlastung können gemindert werden. Ashtanga Namaskarasana fördert Konzentrationsfähigkeit, Achtsamkeit, Kreativität und Wahrnehmungsfähigkeit. (Vgl.: https://wiki.yoga-vidya.de/8-Punkte-Stellung, Stand 26.04.2022) In dieser Asana, die zwischen Liegestütz und Chaturanga liegt, liegt energetisch der Fokus erneut auf dem Muladhara Chakra. (Vgl. Bretz, 2003, S.20)
  • Aus der Betrachtungsweise der TCM werden hier wieder die Punkte am Handgelenk, die zu Herz-, Herzbeutel- und Lungenmeridian gehören, angesprochen. Also das ganze Herzkreislaufsystem. Außerdem wird das Zentrum, das Dantian angesprochen und Energie kann von hier aus im ganzen Körper verteilt werden. Die Fußballen drücken in die Erde, wodurch wieder der Punkt Niere 1 aktiviert wird.

2.7 Adho- Mukha- Shvanasana * Herabschauender Hund

  • In dieser Asana werden der gesamte Rücken und die Beinrückseiten gedehnt. Die Handgelenke, Arme und Schultern werden gekräftigt. Das Nervensystem wird angeregt, das Gehirn und der Herzschlag beruhigt und der Körper wird mit neuer Energie versorgt. Der herabschauende Hund mildert Verspannungen in den Schulterblättern und Arthritis in den Schultergelenken. Außerdem werden Schmerzen in den Fersen, z.B. durch einen Fersensporn, sowie Hitzewallungen während der Wechseljahre, gelindert. Das regelmäßige Üben des Adho- Mukha- Shvanasana soll verjüngend auf den ganzen Körper wirken. (Vgl.: Iyengar, 2008, S. 88-89) Energetisch wird vor allem das Muladhara Chakra angesprochen, das u.a. für Urvertrauen, Erdung, Stabilität und Durchsetzungsfähigkeit steht. (Vgl. Bretz, 2003, S.20)
  • Im Kontext der TCM werden hier in erster Linie der Blasenmeridian und das Lenkergefäß durch die intensive Dehnung der Körperrückseite aktiviert. Durch das aktive Drücken der Hände in den Boden werden wichtige Akupunkturpunkte von Lunge-, Herz- und Herzbeutelmeridian am Handgelenk angesprochen. Durch das nach außen drehen der Oberarme werden zusätzlich die Yang-Meridiane, die sich auf der Rückseite der Arme befinden, angesprochen zu denen der Dünndarm-, Kreislauf- und Dickdarmmeridian gehören. Auf emotionaler Ebene können durch das Aktivieren von Herz- und Dünndarm Depressionen gemildert werden. Die Meridiane von Kreislauf und Herzbeutel sind auch dem Element Feuer zugeordnet und sind für dieselben Emotionen zuständig. Durch das Aktivieren von Lunge und Dickdarm kann übermäßige Trauer besänftigt werden. Der Punkt Niere 1 auf dem Fußballen wird erneut angesprochen. Das Muladhara Chakra entspricht in der TCM dem Dammpunkt Hui Yin, der den Kontaktpunkt zur Erde darstellt. Er führt die Energie nach oben und stützt damit den Geist des Herzens (Shen).

2.8 Kobra: Bhujangasana

  • In der Kobra liegt der Fokus vor allem auf der Weitung des Brustkorbs und der Dehnung der Schultern. Die ganze Körpervorderseite wird gedehnt. Dabei wird die Wirbelsäule im Lendenwirbel- und Brustwirbelbereich leicht zusammengedrückt. Außerdem werden der gesamte Rücken und die Beine aktiviert. Diese Asana kann Verspannungen im oberen Rücken lösen und wirkt sich erfrischend auf den gesamten Körper aus. (Vgl.: Schöps, 2009, S. 70) Durch das aktive Strecken und Dehnen der Brust und der gesamten Körpermitte werden die Verdauungsorgane angeregt und Bhujangasana kann so bei Verstopfungen und Menstruationsbeschwerden helfen. (Vgl.: Innerflow Yoga Teacher Trainingsbuch S.122) Die Energie kann sowohl auf der Vorderseite des Körpers nach oben fließen als auch an der Wirbelsäule entlang. Die Kobra öffnet und befreit den Geist, fördert Mut und Selbstbewusstsein. Diese Asana regt durch die Dehnung des Halses hauptsächlich das Vishudda Chakra an, welches sich über Weisheit und Individualität ausdrückt und in Verbindung mit der Kommunikation und dem eigenen Ausdruck steht. (Vgl. Bretz, 2003, S.20)
  • Nach Auffassung der TCM werden hier in erster Linie der Milz- und Magenmeridian gedehnt und aktiviert. Außerdem wird das Konzeptionsgefäß angesprochen. Die Lunge wird durch das Öffnen des Brustkorbs gestärkt und die Nieren aktiviert durch die Anspannung im unteren Rücken rund um den Mingmen Punkt. Auf emotionaler Seite findet der Übende wieder mehr Erdung und gleichzeitig findet durch die Öffnung der Brust auch eine Öffnung des Herzens/ Geistes statt.

2.9 Tadasana *Berghaltung

  • Die Wirkung unterscheidet sich aus beiden Sichten kaum von 2.1.Tadasana Berghaltung mit den Händen vorm Herzen. Außer, dass sie am Ende des Sonnengrußes ausgeführt wird und laut Wiki-Yoga-Vidya anstatt dem Anahata Chakra jetzt hauptsächlich das Sahasrara Chakra angesprochen wird. (Vgl. Bretz, 2003, S.20)
  • Das Sahasrara Chakra entspricht in der TCM dem Scheitelpunkt Bai Hui, dem höchsten Punkt des Körpers, der auch Punkt der 100 Verbindungen genannt wird. Er verbindet uns zum Himmel, öffnet nach oben und hebt das Qi. Außerdem klärt er den Kopf und die Augen.

3. Schlussteil von „Surya Namaskara und die Meridiane“

Es sind nur 9 verschiedene Stellungen des Surya Namaskara vorgestellt, da sie sich auf dem „Rückweg“ wiederholen. Spannend ist zu sehen, dass obwohl die Yoga Positionen im Sonnengruß nicht auf dem Meridiansystem der TCM aufbauen, trotzdem alle Meridiane und Funktionskreise angesprochen werden. Diese Arbeit zu schreiben war für mich sehr interessant, weil ich nicht einfach aus einem Buch abschreiben konnte, sondern mein neu gelerntes Wissen aus der Yoga Ausbildung (wobei ich beim Schreiben gemerkt habe, wie wenig ich eigentlich erst weiß) mit dem „alten“ Wissen aus der vorherigen Qi Gong Ausbildung kombinieren konnte und so für mich einen noch besseren Zugang zu den Sonnengrüßen und zum Yoga gefunden habe.

Genauso wie beim Qi Gong, werden beim Sonnengebet die Bewegungen mit der Atmung und der Vorstellungskraft kombiniert, was eine Verschmelzung von Körper, Seele und Geist herbeiführt, wenn man die Übungen achtsam ausführt und sich nicht von seinen Gedanken oder der Umgebung ablenken lässt. Und selbst wenn das passiert versucht man sich beim nächsten Mal einfach wieder mehr zu konzentrieren. In vielen Positionen geht es wie beim Qi Gong darum, die Mitte zu aktivieren und die Energie aus der Mitte in den Rest des Körpers zu verteilen. Dabei bewegt sich der Bauch zwar relativ wenig aber um den Bauch herum bewegt sich alles über Arme, Beine und Kopf. Man lernt, sich und seine Aufmerksamkeit zu zentrieren und aktiviert somit das Sonnengeflecht, das sehr wichtig ist für Mut, Willenskraft und Selbstvertrauen und innere Ruhe. (Vgl.: Wiki.yoga-vidya.de/Surya_Namaskar, stand 22.04.2022)

Zum Abschluss noch ein Zitat von Sukadev Bretz, dem Gründer von Yoga Vidya, das gut beschreibt warum das Sonnengebet eine so wichtige Rolle im Yoga spielt.

Surya Namaskar fordert alle Muskeln und Gelenke des physischen Körpers. Der Sonnengruß stärkt und dehnt die verschiedenen Muskeln. Er ist außerdem gut für die Gelenke. Wenn du nur eine einzige Hatha Yoga Übung machen wolltest, wäre Surya Namaskar die wichtigste und vollständigste Übung für den ganzen Körper. Es wird eine Stärkung und Dehnung aller Muskeln erreicht.

https://wiki.yoga-vidya.de /Surya_Namaskar#Surya_Namaskar_-_Wirkung_und_Nutzen_des_Sonnengru.C3.9Fes (Stand 22.04.2022)

4. Quellenangaben von Surya Namaskara und die Meridiane:

4.1 Literatur:

SCHÖPS, Inge: YOGA, Das große Praxisbuch für Einsteiger und Fortgeschrittene

Inner Flow Yoga Handbuch; 2021

QINGSHAN, Liu: QI Gong, Der chinesische Weg für ein gesundes, langes Leben;

IYENGAR, B.K.S.: YOGA, der Weg zu Gesundheit und Harmonie; 2008

HEMPEN, Carl-Hermann: Dtv- Atlas, Akupunktur; 2018

BRETZ, Sukadev: Das Yoga Vidya Asana Buch; 2003

Ausbildungsunterlagen der Qi Gong Schule Bergstraße; 2018

4.1 Internet:

https://wiki.yoga-vidya.de

https://de.123rf.com/photo_53155193_meridian-system-chart-deutscher-beschriftung-m%C3%A4nnlichen-k%C3%B6rper-mit-akupunktur-meridiane-vorderen-und-hint.html

https://www.viva-sanitas.de/5-wandlungsphasen.html     

Image by Antonika Chanel from Pixabay

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