Shavasana – Totenhaltung

Alle abgebildeten Abschluss- und Hausarbeiten im Spiritainment sind, wie auch diese, im Rahmen von Inner Flow Ausbildungen entstanden. Sie sind weiter geistiges Eigentum der Autor*innen und werden mit deren freundlicher Genehmigung hier veröffentlicht.
Inhalt

Einleitung

Die von mir im Folgenden beschriebene Asana ist die entspannte Rückenlage. Weitere Namen der Stellung sind Tiefenentspannung, Tiefenentspannungs-lage, Totenhaltung und -stellung und Leichenstellung.

Der Sanskritname der entspannten Rückenlage ist Shavasana. Die Schreibweise variiert manchmal, so das Shavasana auch ohne „h“ als Savasana geschrieben wird oder als Sarvasana. (6; S.16)

Der Begriff setzt sich aus den zwei Worten „Shava“ und „Asana“ zusammen. „Shava“ heißt übersetzt Leiche und „Asana“ bedeutet Stellung, so dass die genaue Übersetzung Leichenstellung ist. Ein weiterer Begriff dafür ist Mritasana. (10)

Die Schreibweise im Sanskrit sieht folgendermaßen aus:

śavasāna

       शवासन  (12)

Unterschieden werden die Tiefenentspannungslage auf dem Rücken (Urdhvamukha Shavasana) und auf dem Bauch (Adhomukha Shavasana). (12) Auf die Bauchentspannungslage wird hier nicht näher eingegangen.

Ausrichtung

Für Shavasana wird eine entspannte Rückenlage eingenommen.

Die Ausrichtung erfolgt vom Rumpf und Rücken ausgehend. Zur Streckung und Entspannung der Wirbelsäule und insbesondere des unteren Lendenwirbel-säulenbereiches kann das Becken, bei angewinkelten Beinen und am Gesäß aufgestellten Füßen, leicht angehoben werden und achtsam Wirbel für Wirbel wieder auf der Matte abgelegt werden.

Die Schultern werden leicht von den Ohren wegbewegt und abgelegt. Der Kopf kann leicht angehoben und wieder Wirbel für Wirbel abgelegt werden, so dass auch die Wirbelsäule im Nacken gestreckt wird. Der Kopf kommt auf dem Hinterkopf zum Liegen. Zur mittigen Ausrichtung des Kopfes kann er langsam jeweils einmal nach rechts und nach links gedreht werden.

Die Beine werden mit einem Abstand von etwa 50 cm gegrätscht und die Füße fallen entspannt nach außen. Die Arme liegen mit leichtem Abstand locker neben dem Körper, so dass die Luft unter den Achseln zirkulieren kann. Die Handrücken liegen vollständig auf dem Boden, so dass die Handflächen nach oben zeigen, „dadurch öffnet sich der Brustkorb und die Schultern und Schlüsselbeine ziehen sich auseinander“. (9)

Die Finger sind leicht gekrümmt.

Die Augen sind in Shavasana idealerweise geschlossen, die Kiefermuskulatur ist entspannt, die Lippen sind geschlossen, die Zähne des Ober- und Unterkiefers berühren sich nicht und die Zunge liegt entspannt im Mund.

Alle Muskeln werden bewusst losgelassen. Die Aufmerksamkeit wird auf den natürlichen Rhythmus des Atems gelenkt, auf das Heben und Senken der Bauchdecke. Der Atem fließt und mit jeder Ausatmung sinkt der Körper tiefer in die Matte. Ansagen wie in Kapitel 6 beschrieben, unterstützen die Entspannung des Körpers und des Geistes.

Um während der Tiefenentspannung den Körper warm zu halten, empfiehlt sich das Zudecken mit einer Decke. Die Decke sollte nirgends spannen, insbesondere nicht zwischen den Füßen.

Einbindung in eine Yogastunde und Wirkungen

Shavasana kann in drei Zusammenhängen in eine Yogastunde integriert werden: als Anfangs-, Zwischen- und als End- oder Tiefenentspannung.

Anfangsentspannung

Zu Beginn einer Yogastunde fördern einige Minuten Shavasana das Einstimmen auf die Yogapraxis. Das ruhige Liegen mit geschlossenen Augen ermöglicht das Spüren des eigenen Atems und das bewusste Wahrnehmen des eigenen Körpers. Der im sonstigen Leben häufig nach Außen gerichtete Blick und die Aufmerksamkeit können sich nach Innen wenden.

Verbunden mit einigen bewussten Atemzügen kann sich auch der Geist beginnen zu beruhigen, und somit kann ein Loslassen von Gedanken, Emotionen und Spannungen gefördert werden.

Zwischenentspannung

Als kurze Zwischenentspannung ist Shavasana geeignet, um nach sehr fordernden Übungen dem Körper die Möglichkeit zur Entspannung zu geben, indem sich Muskeln, Atmung und Kreislauf harmonisieren.

Endentspannung

Die Wirkungen von Shavasana am Ende einer Yogastunde sind zusammengefasst: tief entspannend und harmonisierend für Körper, Geist und Seele. Die vorangegangenen Asanas dienen der „Reinigung des Körpers von Verspannungen, Unbewusstheiten und Blockaden“. (11, S.156)

„In der Entspannung können die Asanas nachwirken und ihre positive und heilende Wirkung ganz entfalten“. (3, S. 144)

Auf körperlicher Ebene breitet sich Entspannung in den Muskeln, Gelenken und Nerven aus, der Puls normalisiert sich, ebenso wie der Blutdruck. Die Atmung verlangsamt und vertieft sich. Es werden Stresshormone abgebaut und die Regeneration der Organe angeregt.

Der Geist kann zur Ruhe kommen, sich auf die Wahrnehmung der Entspannung und Atmung konzentrieren und somit zu mehr Gelassenheit und Ausgeglichenheit finden.

Die durch die Yogapraxis entwickelte und angeregte Energie breitet sich im ganzen Körper aus und kann frei fließen. „Das zirkulierende und das erzeugte Prana kann sich in den Chakras ansammeln“ (12)

Wichtig ist am Ende von Shavasana das behutsame und langsame Zurückkehren mit dem Bewusstsein und dem Körper. Einige tiefe Atemzüge, dann das langsame Bewegen von Fingern, Händen, Zehen und Füßen leiten den Prozess ein. Es folgt ein Strecken und Dehnen des gesamten Körpers, je nach Bedürfnis mit weiteren Bewegungen.

Kontraindikationen

Kontraindikationen für Shavasana  konnte ich in der Literatur nicht finden, auch mir sind keine bekannt.

Variationen

Bei Verspannungen und Schmerzen im unteren Rücken oder bei einem Hohlkreuz ist eine zusammengerollte Decke unter den Kniekehlen eine Möglichkeit den Rücken zu entspannen. Sollte das nicht ausreichen, können die Füße dicht am Gesäß aufgestellt werden, wobei die Beine hüftbreit geöffnet sind.

Bei sehr angestrengtem Nacken oder starker Krümmung des oberen Rückens kann eine gefaltete Decke unter dem Kopf möglicherweise für ein entspannteres Liegen sorgen.

Wenn die liegende Rückenlage nicht möglich ist, lassen sich auch im Sitzen auf einem Stuhl Entspannungstechniken und -übungen durchführen, beispiels-weise mit den Methoden der Progressiven Muskelentspannung oder des Autogenen Trainings.

Ansagen, Affirmationen

Ist die entspannte Körperhaltung wie in Kapitel 2 beschrieben eingenommen, können Ansagen kombiniert mit Affirmationen zu einer vertieften Entspannung führen. Es gibt dabei verschiedene Möglichkeiten von Ansagen:

  • Lenkung der Aufmerksamkeit auf den Atem „Spüre, wie sich deine Bauchdecke bei jeder Einatmung hebt und sich bei jedem Ausatmen senkt. Spüre, wie sich auch dein Brustkorb bei der Einatmung weitet und bei der Ausatmung zusammenzieht. Beobachte deinen Atem, nehme ihn wahr, ohne ihn zu beeinflussen.“  Eine begleitende Affirmation könnte lauten: „Mein ganzer Körper ist entspannt und mein Geist ist ganz ruhig.“
  • Eine weitere Möglichkeit von Ansagen ist das schrittweise Ansprechen aller Körperteile von den Füßen ausgehend über die Waden, die Oberschenkel, das Gesäß, das Becken, den Rücken, den Nacken, die Hände, die Unterarme, die Oberarme, die Schultern, das Gesicht. Dabei kann die Muskulatur jedes Körperteils zunächst kurz angespannt werden, um dann bewusst losgelassen zu werden. Die Ansagen sind dabei angelehnt an die Methode der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen. Dabei besteht „das Grundprinzip…darin, nacheinander einzelne Muskelgruppen…willentlich anzuspannen und danach..zu lockern“. (5, S. 140)
  • Entsprechend den Affirmationen des Autogenen Trainings (5, S. 141) können Ansagen von den Füßen beginnend für alle Körperteile gemacht werden „Die Füße sind ganz entspannt. Die Füße sind ganz schwer. Die Füße sind ganz warm“.
  • Shavasana eignet sich ebenfalls für Phantasiereisen, bei denen die Teilnehmer*innen aufgefordert werden, einen für sie schönen Platz z.B. in der Natur aufzusuchen und dort zu verweilen. Die Ansage kann auch sehr konkret geleitet werden und der Platz wird beschrieben, etwa eine Wiese, ein Platz im Wald, das Ufer eines Bergsees, ein Platz am Meer usw.. Phantasiereisen können einen meditativen Zustand herbeiführen und sie können durch den Einsatz von leiser Musik unterstützt werden.
  • Die Ansprache der sieben Hauptchakras ist eine weitere Möglichkeit Ansagen mit Affirmationen während Shavasana zu verbinden. Beginnend mit dem Wurzelchakra (Muladhara-Chakra) könnte die Ansage folgendermaßen lauten: „Spüre zu deinem untersten Ende der Wirbelsäule. Nimm wahr wie sich dort Energie in Form von rotem Licht ausbreitet. Lass das rote Licht deines Wurzelchakras in deinen ganzen Körper strahlen. Wiederhole für dich: ich bin fest im Leben verwurzelt, ich bin sicher und vertraue dem Fluß des Lebens.“ So können alle Chakras in Kombination mit ihren Farben und/oder Symbolen und Mantras nacheinander angesprochen werden.

Weitere Möglichkeiten für Ansagen und Affirmationen während Shavasana sind beispielsweise die Technik des Bodyscan und Yoga Nidra (5, S. 143).  Aus all den genannten Möglichkeiten ergeben sich eine Vielzahl von Kombinations-varianten, so dass die möglichen Ansagen zur Unterstützung der Entspannung unbegrenzt sind, indem sie ständig erweitert und angepasst werden können.

Warum habe ich diese Asana ausgesucht?

Shavasana habe ich ausgewählt, weil die Asana aus mehreren Gründen meine liebste Asana ist.

Shavasana ist die Stellung, in der ich meinen Körper am intensivsten spüren und wahrnehmen kann. Ich spüre Reste von Anspannung, beispielsweise im unteren Rücken, ich fühle meine noch angespannte Gesichtsmuskulatur, die feste Kiefermuskulatur. Es ist Zeit und Raum in alle Teile des Körpers zu spüren und auch die durch den Atem hervorgerufenen Bewegungen wahrzunehmen. Mein Fokus in anderen Stellungen liegt je nach Asana bei der Ausrichtung, bei der Rotation, bei den Ansagen und Anleitungen, der Koordinierung des Atems usw.. 

In Rückenlage mit geschlossenen Augen fällt jede Form von noch vorhandenem Ehrgeiz von mir ab. Obwohl ich mich in anderen Asanas bemühe in meinen Körper zu spüren, meine Grenzen wahrzunehmen und anzunehmen, ist mein Geist mit Gedanken und Wünsche an Verbesserungen beschäftigt. Ich möchte dann die Stellung verbessern, meine Beweglichkeit, meine Atmung, meine Stabilität, meine Achtsamkeit usw..

Shavasana dagegen ermöglicht reines Sein und Loslassen.

Des Weiteren werde ich während Shavasana häufig von einem sehr tiefen Gefühl der Dankbarkeit erfasst. Wie eine Welle durchflutet mich die Dankbarkeit für die vorausgegangene Yogapraxis, für den oder die Yogalehrer*in. Dankbar bin ich für eine Form der Entspannung, wie ich sie so nur nach einer Yogastunde erlebe. Ein Einssein mit mir, meinem Körper, der Welt. Ein Abtauchen, das nichts mit Schlaf zu tun hat und doch auch den Geist zur Ruhe kommen lässt.

Das Gefühl der Dankbarkeit weitet sich häufig dann auf viele andere Bereiche meines Lebens aus.

Das beste Anzeichen für eine gute Shavasana ist das Gefühl tiefen Friedens und reiner Seligkeit.
Shavasana ist die achtsame Hingabe des Ego. Indem man sich selbst vergisst, entdeckt man sich selbst.

(B.K.S. Iyengar, 10, S. 326)

Quellenangaben

  • Bretz, Sukadev (2008): „Das Yoga-Vidya Asana Buch“, Verlag Yoga Vidya
  • Clark, Bernie (2018): „Dein Körper dein Yoga“, Riva Verlag
  • Ostermeier-Sitkowski, Uschi (2006): „Das große Yoga Basisbuch“, Knaur-Verlag
  • Rittiner, Remo (2009): „Das große Yoga-Therapiebuch“, Verlag Via Nova
  • Schuchard, Uli (2020): „Handbuch Inner Flow Yoga“
  • Sivananda Yoga Vedanta Centre (1996): „Yoga für Körper und Seele“, Coventgarden
  • Skuban, Ralph (2011): „Patanjalis Yogasutra“, Arkana
  • Strom, Max (2011): „Das Herz des Yoga“, Kailash Verlag
  • Swami Satayananda Saraswati (2007): „Asana Pranayama Mudra bandha, Yoga Publications Trust, Munger, Bihan, India
  • Swami Sivananda Radha (2007): „Das Geheimnis des Hatha Yoga“, Schirner Verlag
  • Wolz-Gottwald (2020): „Yoga-Philosophie-Atlas“, Verlag Via Nova

Foto von Elina Fairytale von Pexels

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