Yoga ist mein Weg

Alle abgebildeten Abschluss- und Hausarbeiten im Spiritainment sind, wie auch diese, im Rahmen von Inner Flow Yoga Ausbildungen entstanden. Sie sind weiter geistiges Eigentum der Autor*innen und werden mit deren freundlicher Genehmigung hier veröffentlicht.
Inhalt

oder

Meine Auseinandersetzung mit Yoga

Der innere Konflikt

Als ich anfing mich mit dem Thema Hausarbeit auseinander zu setzen sind mir natürlich zuerst die naheliegenden Dinge in den Sinn gekommen, wie meine eigene Erfahrung mit Yoga und Yoga mit Kindern. Da ich dachte ich müsse etwas schreiben womit andere Menschen etwas anfangen, wovon sie profitieren können, kam meine eigene Geschichte nicht in Frage. Das Thema Yoga mit Kindern kam für mich nicht in Frage, denn nach fast 30 Jahren Arbeit mit Kindern wollte ich mich auch mal mit etwas ganz Neuem auseinandersetzen.

In der Hoffnung ein wenig Hilfe oder Anregungen zu bekommen, habe ich mir die Hausarbeiten angeschaut, die bisher auf der Inner Flow Internet Seite veröffentlicht wurden, war jedoch stattdessen völlig vor den Kopf gestoßen Diese Arbeiten sind sowas von ausgetüftelt und gut, dass ich dachte, so etwas bekomme ich nie hin. Ich schreibe nie irgendwelche Texte, sitze auch in meinem Job nicht am Computer und hab einfach überhaupt keine Ahnung davon, wie man so etwas macht. Verzweiflung breitete sich in mir aus, und das vertraute Gefühl zu versagen. Die Stimme in meinem Kopf, die mir sagt „das kann ich nicht“, „das schaffe ich nie“ wurde wieder ganz laut.

Also bin ich nochmal in mich gegangen und habe überlegt, was ich nun tun könnte. Dabei habe ich gemerkt, dass ich die Hausarbeit von der falschen Seite angegangen bin. Ganz meinem alten Schema entsprechend wollte ich wieder etwas schreiben, das gut für die anderen Leute ist, das anderen gefällt, das auf andere einen guten Eindruck macht. Aber genau das ist eben gerade nicht Yoga!!!

Yoga ist für mich endlich mal auf mich zu hören und zu tun, was meine innere Stimme sagt. Yoga ist mein Weg und genau darüber will ich schreiben. Es muss nicht gut für die anderen sein, es muss gut für mich sein.

Und ich glaube nun zu erkennen, dass genau dieser Prozess in dieser Ausbildung gewollt ist; dass es nicht darauf ankommt eine perfekt ausgearbeitete Arbeit abzuliefern, die einen selbst nicht berührt oder die nichts mit einem zu tun hat. Es geht darum sich mit sich selbst auseinander zu setzen und um Transformation. Ich glaube ich habe diesen Prozess in Gang gesetzt und es fühlt sich einfach nur richtig an. Und nun ist es mir auch egal, ob ich irgendwelche Vorgaben erfülle oder ob meine Arbeit irgendwo veröffentlicht wird, ich schreibe diese Arbeit jetzt für mich.

Genau deshalb ist Yoga so wichtig für mich. Hier geht es nicht um all die Erfahrungen, die in mir gespeichert sind und die negativen Glaubenssätze, die in mir so fest verankert sind und mich ständig blockieren! Hier geht es darum, das alles endlich hinter mir zu lassen und mich auf den Weg zu machen um mein wahres Selbst zu finden.

Auf dem Weg zum Yoga

Vor mittlerweile genau 3 Jahren habe ich meinen Weg zum Yoga gefunden. Wie bei so vielen hat es auch bei mir nach einer Lebenskrise angefangen und ich war auf der Suche nach einem Weg wie ich besser mit mir umgehen kann. Damals habe ich selten auf mich gehört, wollte in allen Bereichen funktionieren, konnte meinen Ansprüchen oft nicht genügen und war sehr ungnädig mit mir. Ich verausgabte mich ständig und brach irgendwann vollständig zusammen. Ich konnte nicht mehr arbeiten, kam morgens kaum noch aus dem Bett, weinte sehr viel und konnte nicht richtig für meine Kinder da sein. Sie waren es dann letztendlich, für die ich es geschafft habe mir Hilfe zu holen. Ich begann eine Therapie und nahm über einen langen Zeitraum sogar ein Antidepressivum, um überhaupt stark genug zu sein, diesen Weg zu gehen.

Durch einen „Zufall“ fiel mir das Buch „Gesund durch Meditation“ von John Kabat Zinn in die Hände, ich begann darin zu lesen und versuchte, die hier beschriebenen Methoden so gut es ging umzusetzen. Ich kaufte mir ein Meditationskissen und verbrachte die nächsten Wochen damit, jeden Tag zu Sitzen und hierfür eine geeignete Haltung zu finden. Irgendwann kam ich in dem Buch dann zu dem Punkt, an dem immer wieder dieses Yoga erwähnt wird, von dem ich natürlich schon gehört hatte, was mir zu dem damaligen Zeitpunkt aber sterbenslangweilig vorkam. Trotzdem spürte ich inzwischen eine gewisse Anziehungskraft davon ausgehen und so kaufte ich mir eine Yoga DVD um es einmal auszuprobieren. Schnell stellte ich fest, dass es doch wesentlich anstrengender und fordernder ist, als ich dachte und, was noch viel entscheidender war, dass es mir Spaß machte und ich darin eine Herausforderung sah, diese Asanas praktizieren zu können.

Also übte ich fleißig, stellte aber schnell fest, dass mir das nicht mehr reichte und fragte meinen Fitnesslehrer ob er nicht eine gute Yogalehrerin für mich wüsste.

So kam ich dann zu Inga Kellermann und mein Yoga Weg begann.

Am Anfang waren die Asanas

„Yoga machen“ bedeutete damals für mich nichts anderes als das Praktizieren von Asanas. Dass das nur ein ganz kleiner Teil von etwas ganz Großem ist, wusste ich damals noch nicht. Ich ging einmal die Woche zum Unterricht und übte ab und zu auch zuhause noch, was ich im Unterricht gelernt hatte.

Ich spürte die positiven Wirkungen der Asanas schnell und merkte, dass sich irgendetwas in mir veränderte. Etwas in mir öffnete sich, ich wurde durchlässiger, sensibler mit mir und konnte mich zum ersten Mal in meinem Leben von innen heraus betrachten. Ich fing an mich zu spüren und mein Inneres wahrzunehmen.

Noch war das Ganze natürlich nicht greifbar für mich, aber ich bekam eine Ahnung davon, das hinter all dem ein tieferer Sinn liegt. Neugierig geworden kaufte ich mir einige Bücher über Yoga und versuchte die Ausrichtung in meinen Asanas immer mehr zu verfeinern, merkte jedoch auch hier schnell, dass mir das nicht reichte und ich immer mehr wissen und lernen wollte.

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Also traf ich die Entscheidung die Ausbildung zur Yogalehrerin zu machen. Erstmal gar nicht um zu unterrichten, sondern um selbst mehr über Yoga zu erfahren und zu lernen.

Mittlerweile bin ich seit einigen Monaten in der Ausbildung, aber mein Wissensdurst ist noch lange nicht gestillt. Im Gegenteil!! Je tiefer ich in die Thematik einsteige umso interessanter und spannender wird es und es kommt immer mehr und mehr dazu, was ich wissen und erfahren möchte.

Die Umsetzung

Nun tut sich für mich eine ganz neue Problematik auf. Ich würde mich am Liebsten den ganzen Tag nur mit Yoga beschäftigen, ich möchte jeden Tag meditieren, Asanas und Pranayama üben und die Schriften studieren. Ich würde mich tatsächlich am Liebsten in ein Ashram zurückziehen und mein Leben komplett dem Yoga widmen. Ich möchte Kundalini Erfahrungen machen und vielleicht sogar irgendwann erfahren was Samadi bedeutet.

Doch ich habe auch noch ein anderes Leben. Ich bin berufstätige, zweifache Mami und Ehefrau und auch sehr glücklich damit. Aber wie kann ich beide Leben miteinander verbinden? Da wäre alleine schon das Zeit Problem. Es ist unmöglich am Tag so viel Zeit mit Yoga zu verbringen, wie ich gerne möchte. 

Wenn ich in meinen Yoga Büchern lese, steht da ganz oft geschrieben wieviel Zeit und Hingabe, wieviel Tapas man für seinen Yogaweg aufbringen soll.

Swami Sivananda geht sogar so weit und schreibt in seinem Buch „Kundalini Yoga“:

Bindung an Familie, Kinder, Geld, Schüler, Ashram sind Dornen. Sie sind alle Formen der Maya und erschweren dem Schüler das Voranschreiten. Sie bringen ihn zu Fall, denn sie verführen ihn zu falscher Zufriedenheit und zu der törichten Einbildung, er habe die Verwirklichung erreicht und könne andere unterweisen. Er gleicht dem Blinden, der Blinde führt. Ich warne Euch Schüler! Vergesst nicht, dass Einsamkeit, Meditation und Hingabe erforderlich sind. Geht ohne Euch ablenken zu lassen auf das Ziel zu und verliert nicht den Eifer in Schulung und Entsagung, bis ihr das höchste Ziel, das Grenzenlose erreicht habt.

Trotzdem muss es doch irgendwie möglich sein. Auch Yogis müssen Eltern sein können. Also wie kann ich das alles miteinander verbinden? Wie kann ich fleißige Aspirantin sein und gleichzeitig meinem Beruf nachgehen und fürsorgliche Mutter sein?

Außerdem stoße ich in meinem alltäglichen Leben so oft an meine yogischen Grenzen. Alleine schon, wenn ich versuche, mich auf dem achtgliedrigen Pfad von Patanjali zu bewegen. Allein bei dem allerersten Schritt stoße ich schon ständig an meine Grenzen. Ahimsa – Nichtverletzen. Auch nicht mit Worten. Aber bin ich nicht vielleicht doch manchmal zu streng mit meinen Kindern? Kommen nicht doch viel zu oft Worte aus meinem Mund, die verletzen? Bin ich nicht manchmal ungerecht und habe unschöne Gedanken?

Gerade jetzt, wo ich mich so intensiv mit diesen Thema auseinandersetze, habe ich nochmal ernsthaft den Versuch unternommen, ahimsa zu leben und stelle fest, dass es unglaublich schwer ist. Ich halte mich nun schon für einen Menschen der recht fair und rücksichtsvoll mit anderen Menschen umgeht, hilfsbereit und fürsorglich ist und trotzdem stelle ich fest, dass ich jeden Tag mehrmals gegen Patanjalis erstes Gesetz verstoße. Manchmal mit Taten und noch mehr mit Gedanken oder Worten.

Es ist sehr interessant sich mit diesen inneren Konflikten auseinander zu setzen. Im Moment gibt es hier noch keine Lösung für mich, aber immerhin habe ich mich auf den Weg gemacht, nach Antworten zu suchen. Das Schöne ist, dass ich dabei nicht alleine bin. Es gibt so viele Menschen um mich herum, die sich genau die gleichen Fragen stellen. Sogar in der Übersetzung der Yogasutras schreibt Ralph Skuban: „Das klingt so einfach und ist doch so schwer“. Und er schreibt auch, dass man seinen Menschenverstand einsetzen muss, um auszuloten wo ahimsa beginnen muss und wie weit es reichen kann. Das geht alles nicht von heute auf morgen. Das ist ein langer Prozess. Da nützt es dann natürlich auch nichts, ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn es am Ende des Tages nicht so geklappt hat, wie man es sich eigentlich vorgenommen hat. Ich denke es ist wichtig, zu reflektieren, zu erkennen und daran immer weiter zu wachsen. Sich zu sehr unter Druck zu setzen, würde bedeuten sich selbst zu verletzen. Das ist auch nicht ahimsa.

Außerdem suche ich die Erklärungen viel zu sehr im Außen. Ich lese immer wieder neue Bücher und versuche dort die Antworten auf all die Fragen zu finden, die mich beschäftigen. Anstatt in meinem Inneren zu suchen und mein höheres Selbst zu finden. Dort soll der Schlüssel zu allem liegen. Aber wenn man diese Erfahrung noch nicht gemacht hat, ist es sehr schwer an etwas zu glauben, das man nicht sehen, hören, riechen oder schmecken kann. Man soll es erspüren, erfahren und im Inneren lauschen. Dazu muss es erstmal ganz still werden.

Die Bewegungen des Geistes zur Ruhe bringen

Vrittis sind die sich permanent verändernden mentalen Muster, mit denen wir uns bewusst oder unbewusst identifizieren. Yoga, sagt Patanjali, ist der Zustand der Selbstverwirklichung, den wir dann erfahren, wenn all diese Muster endlich zur Ruhe gekommen sind (nirodhah). Zu ihnen gehören unser Wollen und Nicht-Wollen, unsere Ängste und Sorgen, unser Ärger und Zorn, all das oftmals so zwanghafte Denken, verbunden mit dem Auf und Ab von Gefühlen, unser mehr oder weniger gesichertes Wissen, unsere Urteile über Richtig oder Falsch, unsere Erinnerungen – eben die vielen vergänglichen und fragilen Bausteine, die wir „Ich“ nennen. Wenn alle vrittis in unserem Bewusstsein, Citta, zur Ruhe kommen, wenn der See des Geistes still geworden ist, dann können wir auf seinen Grund blicken. Wir treten ein in die uns allen gemeinsame Stille, die unsere wirkliche, unsterbliche und glückselige Natur ist. Wir erfahren unser inneres Licht, Purusha.

Ralph Skuban in Patanjalis Yogasutra S.20

Patanjali gibt uns mit seinen Yoga Sutras wundervolle Werkzeuge an die Hand und doch ist es ein langer Weg.

Zu Beginn meiner Ausbildung konnte ich mit den Yogasutras noch nicht so viel anfangen, zu viele Dinge standen darin, die ich nicht verstand. Doch mittlerweile ist es so, dass ich immer mehr davon verstehe und es einfach nur schön ist, zu erkennen, dass die Sutras eine Art Wegweiser sind. Fragen, die sich wahrscheinlich jeder Yogi auf seinem Weg stellt, werden dort genauso beschrieben. Dadurch entsteht in mir ein großes Vertrauen. Zu wissen, dass genau die Konflikte und die Widerstände, die immer größer in mir werden, umso weiter ich auf meinem Yogaweg voranschreite, ganz natürlich und Teil des Ganzen sind, erfüllt mich mit Zufriedenheit und Freude. So kann ich sie annehmen und weiß genau, dass es richtig ist was ich tue. Der Weg wird wahrscheinlich immer steiniger je weiter man kommt, denn das erweiterte Wissen kann natürlich auch wieder neue Sorgen und Ängste auslösen, die man vorher noch gar nicht sehen konnte. Dafür benötigt man viel Geduld und Vertrauen.

Häufig bin ich immer noch viel zu ungeduldig mit mir, will immer alles schnell richtig machen und nehme mir nicht die Zeit zu wachsen.

Ich denke da wären wir bei dem großen Thema Vairagya – Loslassen. Ein sehr großes Thema von mir. Viel zu oft bin ich noch verhaftet mit viel zu vielen Dingen im Außen. Zeit sich mit diesem Thema intensiver auseinander zu setzen.

Loslassen

Vairagya meint nicht anhaften an den Dingen, die wir mögen oder nicht mögen. Es ist ein Ausbrechen aus der Gefangenschaft äußerer Umstände, ein inneres Sich erheben über die mit Leid verbundenen Polaritäten des Lebens. Vairagya bedeutet nicht unser Mitgefühl aufzugeben, oder nicht mehr hilfreich sein zu wollen. Es ist vielmehr das Gegenteil: Ohne schmerzhafte Verwicklung in alles, was geschieht, ist unser Blick klarer, unser Mitgefühl tiefer und unsere Hilfe kraftvoller. Können wir annehmen was wir nicht ändern können? Das ist vairagya. Können wir loslassen, was festzuhalten nur Schmerz bringt? Das ist vairagya. Können wir wirklich vergeben, etwas also nehmen, als sei es nie geschehen? Das ist vairagya. Können wir in der Welt sein, ohne unablässig auf alles mit Billigung und Missbilligung zu reagieren? Das ist vairagya.

Ralph Skuban in Patanjalis Yogasutra S. 31

Wunderschöne Worte, so verständlich, logisch und klar und doch so schwer umzusetzen.

Oft fühle ich mich verletzt durch Taten von Menschen, die mich gar nicht verletzen wollten, sondern gerade einfach so gehandelt haben, weil sie es nicht besser wussten oder sich einfach überhaupt keine Gedanken darüber gemacht haben, was dies bei mir auslösen könnte. Und oft ärgere ich mich dann darüber, dass Menschen solche Macht über mich haben und Dinge in mir auslösen, die mir gar nicht gut tun. Wie gerne würde ich manchmal über den Dingen stehen und vieles gar nicht so sehr an mich heranlassen. Loslassen und nicht so abhängig von dem sein, was andere über mich denken.

In diesem Moment wird mir bewusst, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, an dem ich mich mit den ersten beiden Stufen des Ashtanga Pfades auseinander setzen sollte, da diese eine große Rolle in meinem Leben spielen. Angefangen habe ich mit der dritten Stufe, den Asanas, als nächstes habe ich damit begonnen Pranayama zu praktizieren und dann habe ich versucht meine Sinne zurück zu ziehen, mich zu konzentrieren und zur Meditation zu gelangen. Und nun wird mir grade bewusst, dass ich zurück zum Anfang muss, zu den 10 Geboten des Patanjali.

Yama – Der yogische Moralkodex (Yoga Sutra 2.30)

Ahimsa – Gewaltlosigkeit

Ahimsa heißt wörtlich „nicht verletzen“. Nicht in Gedanken, Worten oder Taten.

„Es geht darum, gewaltlos mit sich und anderen Lebewesen umzugehen und auch sanftmütig zu denken und zu handeln. Auch wenn es nicht immer gleich umsetzbar zu sein scheint, mit Achtsamkeitstraining können wir üben, zu bemerken, dass wir im Begriff sind Schaden anzurichten, und lernen, wie wir rechtzeitig innehalten.“ (Katharina Maurer, www.yogaeasy.de)       

Ein, wie ich finde, sehr wichtiges Gebot. Würden mehr Menschen in unserer heutigen Gesellschaft ahimsa leben, würden nicht so viele Tiere und Menschen gequält werden und nicht so viel Raubbau an der Natur begangen werden. Es ist unsere Aufgabe, uns über unser Denken und Handeln bewusst zu werden. Oder wie Skuban sagt:  “Würde die Mehrheit der Menschheit nur diesen ersten Schritt des Yogaweges beherzigen, wären wir dem Paradies schon sehr nah.“

Wie ich an vorheriger Stelle schon geschrieben habe, setze ich mich sehr intensiv mit ahimsa auseinander und versuche immer mehr, danach zu leben. Das ich niemandem auf körperlicher Ebene Schaden zufüge, ist für mich selbstverständlich, aber wie ist es mit den abwertenden Gedanken, die ich oft hege, wenn ein Mensch sich z.B. anders verhält als ich für angemessen halte, oder sich anders kleidet?

 Satya – Aufrichtigkeit

„Satya ist die Wahrhaftigkeit, mit der du durchs Leben gehst und mit der du dich selbst und deine Mitmenschen behandelst.“ (Katharina Maurer, www.yogaeasy.de)

Satya meint echt sein, authentisch sein, sagen was wir denken, tun was wir sagen, also sein wer wir sind. Und sich selbst gegenüber ehrlich sein.

Hier stehen wir vor einem wahren Dilemma, denn ich kann nicht immer ehrlich sein ohne zu verletzen. Da gilt es abzuwägen. Ich denke, wenn die eigene Meinung gefragt ist, sollte man nicht lügen, aber man muss vielleicht auch nicht zu allem immer etwas sagen.

Asteya – Nicht stehlen

Asteya bedeutet, dass wir nicht haben wollen was andere haben, niemandem missgönnen was er hat, kann oder was er ist.

 „Asteya ist die Abwesenheit von Verlangen und möchte ermuntern, Begehren nach Besitz zu minimieren oder sogar gänzlich aufzugeben und auf diese Weise inneren, ideellen Reichtum zu entdecken. Wenn wir Asteya achten und umsetzen, können wir viel zufriedener und freier leben, denn wir müssen uns nicht ständig sorgen, unseren Besitz wieder zu verlieren oder uns darum kümmern, noch mehr zu erlangen.“ (Birgit Feliz Carrasco, www.yogaeasy.de)

Asteya möchte uns daran erinnern, immer mal wieder innezuhalten und uns zu fragen, was wir wirklich im Leben brauchen.

Brahmacarya – Enthaltsamkeit

Brahmacarya heißt wörtlich „Der Weg zu Brahma“ 

Es soll eine Lebensführung vorgeben, die dem großen Ziel dient. Eine vernünftige Selbstbeschränkung in allen Dingen. Brahmacarya wird häufig als sexuelle Enthaltsamkeit gedeutet. Damit ist jedoch viel mehr als das gemeint. Es geht nicht darum strikte Abstinenz zu halten, sondern vielmehr darum auch hier das richtige Maß zu finden, den richtigen Grad zwischen Bedürfnissen und Leidenschaften. Nicht nur im sexuellen Sinne.

Werde dir deiner Wünsche und Bedürfnisse bewusst, aber lasse dich nicht von ihnen lenken.

Ralph Skuban in Patanjalis Yogasutra

Aparigraha – Anspruchslosigkeit

Aparigraha heißt Nicht- Greifen und gemeint ist, dass man nicht an Dingen festhalten sollte. Sich auch von Erwartungen und Anhaftungen zu befreien und annehmen was gerade ist. Loslassen- vairagya.

So verfeinern wir unser Handeln und erhöhen unsere Schwingungen.

„Mit dem Horten von Dingen bindest du deinen Verstand und deine Energie. Dein Geist kann nicht mehr frei und leicht sein. Übe dich darin, nicht zu nehmen, sondern zu empfangen“ (Katharina Maurer, Yogaeasy)

Niyama – Die Regeln des Alltagsverhaltens (Yoga Sutra 2.32)

Sauca – Reinheit

Körperliche Reinheit ist wichtig. Dazu zählt natürlich die äußere Sauberkeit, aber auch die innere. Es geht auch darum, alte Hüllen abzustreifen, sich frei zu machen und sich auf den Sinn unseres Daseins zu fokussieren.

Hier unterscheiden wir zwischen äußerer und innerer Reinigung.

Die äußere körperliche Reinigung erlangen wir über die sechs Reinigungstechniken, den Satkriyas. Die innere körperliche Reinigung über Asana, Pranayama und vor allem unserer Ernährung. Sie sollte möglichst leicht, rein, sattwisch und überwiegend vegetarisch sein.

Das Üben der Asana „belebt den Körper und entfernt die Gifte und Unreinheiten, die durch zu starke Selbstverwöhnung entstanden ist.” (B.K.S. Iyengar, Licht auf Yoga). „Pranayama säubert die Lungen, führt dem Blut Sauerstoff zu und reinigt die Nerven.” (B.K.S. Iyengar, Licht auf Yoga).

Mit sauca ist aber auch die geistige Reinheit gemeint, das bedeutet gute Gedanken und Entscheidungen. Gefühle wie Hass, Leidenschaft, Gier, Zorn, Täuschungen und Stolz können abgelegt werden.

Santosa – Zufriedenheit

„Aus der Zufriedenheit erwächst höchstes Glück” schreibt Patanjali im Yoga Sutra. Es geht um Zufriedenheit mit dem, was wir haben, und die Wertschätzung unseres Lebens in allen Aspekten. Sich selbst anzunehmen.“

Sehr schwierig in einer Zeit, in der es so oft darum geht immer schneller und immer besser zu sein als die anderen. Und mit der ganzen Werbung und den ganzen Manipulationen mit denen wir hier in unserer Welt umgehen müssen. Auch hier geht es wieder ganz stark um annehmen was ist und um vairagya, loslassen von Haben- Wollen und nicht Haben- Wollen. Man macht sich das Leben so schwer, wenn man nie zufrieden ist, mit dem was man hat und was man ist. Was kommt, wenn man zufrieden ist mit all dem was da ist? Was, wenn unzufrieden sein nicht existieren würde?

Skuban sagt uns dazu:“ Zufrieden sein, In-Frieden-sein, nicht verletzen, Stille. Wirkliche Zufriedenheit ist der Himmel auf Erden. Was gibt es da noch zu sagen?“

Tapas – Selbstdisziplin

Tapas ist das Feuer, die Leidenschaft und die Disziplin mit der wir unserer Praxis nachgehen.

„Die disziplinierte Anwendung der reinigenden und stärkenden Übungen des Yoga beseitigt alle Unreinheiten und bewirkt die Vervollkommnung von Körper und Sinnesorganen“ (Patanjali, Yogasutra 2.43)

Svadhyaya- Selbststudium

„Durch das Studium heiliger Schriften entsteht eine Verbindung mit der göttlichen Macht, die unser Herz erwählt hat.” (Patanjali, Yoga Sutra)

Svadhyaya meint in erster Linie das Studieren von heiligen Schriften. „Jeden Tag ein paar Zeilen in den Schätzen der spirituellen Weltliteratur zu lesen, ist bereichernd und kann sehr motivierend sein“, schreibt Skuban in seiner Übersetzung der Yogasutras.

Ich denke aber es geht dabei auch um den eigenen Glauben und das Sein. Um die Überprüfung dessen was wir sind und wo wir hinwollen. Sich immer wieder zu fragen: Wer bin ich? Wo komme ich her? Und wo will ich hin? Und sich natürlich auch zu fragen was die eigentliche Aufgabe für einen selbst hier auf der Erde ist.

Isvarapranidhana- Hingabe

Ishvara Pranidana ist die Hingabe aller Handlungen und Willensregungen an Gott, das Universum, das Höchste.

Skuban bezeichnet die Hingabe an Ishvarah, die Quelle aus der wir kommen, als schnellsten Weg der Erleuchtung.

Totale Hingabe ist absolute, nicht konditionierte Liebe. Sie muss nichts wissen, sie muss nichts leisten, sie muss nichts können. Nur sein. Sie führt zu Samadi.

Ralph Skuban in Patanjalis Yogasutra

Ich habe mich nun einige Tage sehr intensiv mit den Yamas und den Niyamas auseinandergesetzt und ich muss sagen, es war eine große Bereicherung für mich. Zum Teil war es schwierig für mich, die Bedeutung jedes Einzelnen zu verstehen oder sie voneinander abzugrenzen, bis mir dann klar geworden ist, dass man sie gar nicht voneinander abgrenzen kann. Jedes gehört mit dem anderen zusammen und sie sind miteinander verflochten.  Das eine geht nicht ohne das andere und alle zusammen erschaffen ein großes Bild der Menschlichkeit. Auf einmal wird mir alles viel klarer. Auch wie sich die Yamas und die Niyamas in den Ashtanga Weg einfügen. Hier bedingt sich ebenfalls alles gegenseitig. Das Ganze hat für mich einen tieferen Sinn bekommen. Ich habe das Gefühl, dass es jetzt nicht mehr nur etwas ist, das ich gehört habe, sondern ich fange langsam an es zu begreifen.

Die Vielseitigkeit des Yogaweges ist für mich sehr faszinierend und spannend. Immer wieder gibt es Neues zu entdecken und auszuprobieren und noch so vieles, das ich für mich erfahren möchte. Nun bin ich bald am Ende meiner Ausbildung angekommen und ich habe nicht mal ansatzweise das Gefühl, fertig zu sein. Im Gegenteil. Es fühlt sich so an als sei jetzt die Basis, das Fundament geschaffen auf dem ich aufbauen kann. Nun habe ich die Grundlage um mein Wissen mit anderen zu teilen und ihnen Yoga näher zu bringen. Es bedeutet aber auch gleichzeitig weiter zu machen, weiter zu lernen, weiter in meiner eigenen Praxis voranzuschreiten. Ich bin sehr dankbar dieses Geschenk des Yoga erhalten zu haben und werde es mit Respekt und Ehrfurcht annehmen und versuchen weiter zu tragen, in der Hoffnung viele Menschen damit zu erreichen.

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 lokāḥ samastāḥ sukhino bhavantu

Photo by Patrick Schneider on Unsplash

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